Kommentar zur Digitalisierung

Kehrtwende, jetzt!

Das politische Tempo bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens frustriert viele Ärzte. Zeit, diese endlich mitzunehmen.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:

Für viele ist der Begriff „Digitalisierung“ vom facettenreichen Schlagwort zum Unwort geworden. Ärztinnen und Ärzten, die sich grundsätzlich offen zeigen, sinnvolle Prozesse in Versorgung und Praxisorganisation digital zu gestalten, sind frustriert und verärgert. Nicht über die Digitalisierung als solche – sie hat längst im Alltag eines jeden Einzug erhalten. Sie ist da, nicht zu bremsen und an vielen Stellen auch nicht mehr wegzudenken – weil sie den Alltag erleichtert.

Die Ärztinnen und Ärzte sind frustriert über die Art und Weise, wie die Gesundheitsversorgung digitalisiert wird. Das wird im Digitalisierungsreport 2021, den die DAK in Kooperation mit der „Ärzte Zeitung“ veröffentlicht hat, deutlich wie selten.

Ungewöhnlich häufig nutzten Teilnehmer die Gelegenheit, in einem Freitext-Feld ihre Erfahrungen mit der Digitalisierung zu teilen. Fast 94 Prozent der kategorisierbaren Antworten fallen negativ aus. Einigen Befragten scheint regelrecht die Hutschnur zu reißen, so frustriert zeigen sie sich. Weil sie gezwungen sind, stör- und fehleranfällige Technik zu installieren. Weil Anwendungen zur Pflicht werden, die weder ausgereift sind, noch den Praxisalltag erleichtern. Weil die Hersteller der PVS-Systeme mit Updates nicht hinterherkommen. Weil sie sich nicht mitgenommen fühlen und ihnen das Tempo zu hoch ist.

Lesen sie auch

Tatsächlich wurde in der vergangenen Legislaturperiode unter Jens Spahn mächtig aufs Gaspedal gedrückt. Vier große Digitalgesetze wurden auf den Weg gebracht, gespickt mit neuen Anwendungen und engen Fristen. Zwischen Praxisalltag, Corona-Pandemie und Fachkräftemangel drängen mit hohem Tempo immer mehr Digital-Anforderungen in die Praxis. Spahns Digitalisierung auf der Überholspur fordert so immer mehr Opfer unter den Ärztinnen und Ärzten. Frust statt Freude.

Die neue Bundesregierung würde gut daran tun, auf die Bremse zu drücken und eine Kehrtwende an den Tag zu legen. Nicht, weil Deutschland sich in puncto Digitalisierung zurücklehnen könnte. Im Gegenteil. Der Nachholbedarf ist enorm, ein Moratorium die falsche Richtung.

Aber was bringt die Fahrt auf der Überholspur, wenn dabei die Passagiere vergessen werden? Wenn schon Überholspur, dann bitte mit einem Bus, in dem alle Platz haben: Ärztinnen und Ärzte, Fachpersonal, die Selbstverwaltung, Patienten und das Bundesgesundheitsministerium.

Lesen sie auch
Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Die Patientin tippt ihre Nachricht ins Smartphone, das Praxisteam antwortet direkt über
den Desktop. So sind Vereinbarungen über ein E-Rezept oder eine Befundmitteilung vom Facharzt schnell übermittelt.

© [M] Springer Medizin Verlag | Foto: A_B_C / stock.adobe .com

Digitale Patientenkommunikation

„Das Potenzial für die Zeitersparnis ist riesig“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Überraschende Personalie

Eine Juristin wird Gesundheitsministerin: Das ist Nina Warken

Lesetipps
Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung