Bundesdatenschutzbeauftragter

Kelber zeigt Unverständnis für Forderungen des Sachverständigenrates

Nach der datenschutzrechtlichen Generalkritik am Gehabe von Kassen und BMG weist Deutschlands oberster Datenschützer nun den Sachverständigenrat in die Schranken. Freiheit gebe es nicht um jeden Preis.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Geht keiner datenschutzrechtlichen Diskussion aus dem Weg: Professor Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für Datenschutz.

Geht keiner datenschutzrechtlichen Diskussion aus dem Weg: Professor Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für Datenschutz.

© Wolfgang Kumm / picture alliance

Bonn/Berlin. Der Datenschutz ist speziell im deutschen Gesundheitswesen ein hochsensibles Thema. Folgerichtig ist es auch ein zäher Mammutprozess, die medizinisch-pflegerische Versorgung in Deutschland sowie die pharmazeutische und medizintechnische Forschung zu digitalisieren, wo dies sinnvoll erscheint. Einer, der den Datenschutz im Gesundheitswesen nicht nur qua Amt sehr ernst nimmt, ist Professor Ulrich Kelber, seines Zeichens Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).

Auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ zeigt er daher auch wenig Verständnis für die vom Sachverständigenrat Gesundheit (SVR) in seinem aktuellen Gutachten „Digitalisierung für Gesundheit – Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems“ gestellten Forderung nach mehr Flexibilität bei der Handhabung zum Beispiel der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO). Eine sinnvolle Nutzung von Gesundheitsdaten sei in Deutschland fast unmöglich, resümierte der SVR.

Und weiter: Leben und Gesundheit der Menschen in Deutschland könnten besser geschützt werden, wenn endlich die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen verantwortlich und wissenschaftlich sinnvoll genützt würden. Die Gesundheitsdaten sollten dafür über ihre Funktion als Träger von Abrechnungsinformationen hinaus der Verbesserung der Versorgung, der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung, aber auch der Forschung dienen, ohne die Patientensouveränität zu verletzen.

Kelber: DSGVO ist schon forschungsfreundlich

Es sei richtig, dass Deutschland in der Digitalisierung vorankommen müsse. Die Pandemie habe uns die Versäumnisse der letzten Jahre noch einmal sehr deutlich gemacht, so Kelber. Diese Digitalisierung müsse aber eine hohe Qualität haben und dürfe nicht einfach unsere gesellschaftlichen Werte über Bord werfen. „Das gilt insbesondere für den Gesundheitsbereich und den Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten. Ich wundere mich darüber, dass der Sachverständigenrat jetzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschränken will, um an Forschungsdaten zu kommen“, echauffiert sich der BfDI gegenüber der „Ärzte Zeitung“.

Und appelliert an den SVR, zur Vernunft zu kommen: „Wer wirklich an das Wohl der Patientinnen und Patienten denkt, kann nicht ernsthaft die Schwächung ihrer schützenden Grundrechte fordern. Abgesehen davon ist die Datenschutz-Grundverordnung bereits sehr forschungsfreundlich gestaltet.“

Mangelnde Einbindung beklagt

Kelber bleibt, wie bereits bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichtes für 2020 an diesem Donnerstag, bei seiner harten Linie. Zielführend für den Datenschutz im Gesundheitswesen sei einzig und allein, wenn der BfDI frühzeitig eingebunden und seine Einlassungen auch entsprechend umgesetzt würden – so sei die Corona-Warn-App zum Beispiel als voller Erfolg zu werten, bei der er entsprechend um seine Expertise gebenten worden sei.

Traf es im Tätigkeitsbericht Kassen und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), so bekommt jetzt der beim BMG angesiedelte SVR sein Fett weg. „Leider hat der Sachverständigenrat die Datenschutzaufsichtsbehörden bei seiner Recherche nicht nach einer Einschätzung gefragt. Als Informatiker würde ich mich über eine Digitalisierung freuen, die beides schafft: ein effizienteres Gesundheitssystem mit Datenschutz“, resümiert Kelber.

Lesen Sie auch
Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kritische Stimmen zur ePA

Elektronische Patientenakte: Wo die Schwachstellen sind

Manifest zur ePA

Warum die elektronische Patientenakte nicht zu retten ist

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Schmerz- und Palliativtage

Migräne bei Menschen mit Depressionen: Was kann verordnet werden?

Baden-Württembergischer Hausärztinnen- und Hausärztetag

Wenn der Wandel zur Hausarztpraxis 2.0 HÄPPI macht

Lesetipps
Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Erwachsene Frau legt sich wegen Unterleibsschmerzen die Hände auf ihren Bauch bei einem Arzttermin.

© Drazen / stock.adobe.com

Krebsrisiko signifikant erhöht

Studie zeigt: Verkürzte Lebenserwartung bei Endometriose