Konfliktträchtig: Kündigung bei "Mischmietverhältnissen"
Ist für die Praxisräume ein privater oder ein gewerblicher Mietvertrag abgeschlossen worden? Im Falle einer Kündigung kann dies erhebliche Auswirkungen für den Praxischef haben. Nun befasste sich der BGH mit dem Fall einer Praxis, in dem sich private und gewerbliche Nutzung überschnitten.
Veröffentlicht:KARLSRUHE. Bei einem "Mischmietverhältnis" mit privater und gewerblicher Nutzung sollten Ärzte deutlich vereinbaren, ob sie einen privaten oder einen Gewerbemietvertrag abschließen. Ohne solche Vereinbarung kommt es auf die Umstände im jeweiligen Einzelfall an, wie jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied. Anzeichen für die Nutzungsart sind danach beispielsweise die Flächenanteile, die Mietlaufzeit und das Vertragsformular.
Welches Recht gilt, ist insbesondere bei einer Kündigung wichtig. Bei Privatwohnungen muss der Vermieter für eine Kündigung einen besonderen Grund haben, etwa Eigenbedarf. Bei Gewerberäumen ist kein Grund nötig, dafür werden aber meist feste Vertragslaufzeiten vereinbart. Im Streitfall ging es um ein mehrstöckiges Haus in Berlin. Laut Mietvertrag durften die Mieter das Erdgeschoss als Hypnosepraxis nutzen. Darüber befand sich mit etwa gleicher Fläche die Wohnung.
BGH sah einheitliches Mietverhältnis
Im Februar 2012 kündigte der Vermieter ohne Angabe eines Grundes zum 30. September 2012. Die Mieter wollten das Haus aber nicht verlassen. Vor Gericht ging es nun vorrangig zunächst darum, ob es sich um einen Wohnraum- oder um einen Gewerberaum-Mietvertrag handelt. Das Landgericht ging von einem Wohn-Vertrag aus, das Kammergericht Berlin von einem gewerblichen Mietvertrag. Den Flächen nach sei die Nutzung zwar in etwa gleich; mit der Praxis hätten die Mieter aber immerhin ihren Lebensunterhalt bestritten, argumentierte das Kammergericht. Der BGH bestätigte, dass hier trotz der gemischten Nutzung von einem "einheitlichen Mietverhältnis" auszugehen ist. Dies müsse auch einem einheitlichen Mietrecht unterliegen.
Die Nutzung eines Geschosses zu freiberuflichen Zwecken führe aber nicht automatisch zu einem gewerblichen Mietverhältnis, so der BGH weiter. Der Wohnung als "grundrechtlich geschütztem Ort der Verwirklichung privater Lebensvorstellungen" komme eine zumindest gleiche Bedeutung zu. Andernfalls werde der gesetzliche Schutz des privaten Wohnraums unterlaufen.
Nach dem Karlsruher Urteil ist daher jeweils im Einzelfall zu entscheiden, ob privates oder gewerbliches Mietrecht gilt. Zu den "auslegungsrelevanten Umständen" gehöre etwa das Verhältnis der für die private und die geschäftliche Nutzung vorgesehen Flächen und - sofern vereinbart - die jeweiligen Anteile am Mietzins. Weitere Anzeichen könnten das Vertragsformular sein, Vereinbarungen zur Laufzeit und ob auf die Miete Umsatzsteuer erhoben wird.
Mieter zahlten keine Umsatzsteuer
Im konkreten Fall seien ein Wohnraum-Formular verwendet und eine "für Gewerberaum-Mietverhältnisse untypische unbestimmte Vertragslaufzeit" vereinbart worden. Umsatzsteuer hätten die Mieter dagegen nicht gezahlt. Daher sei von einem Wohnraum-Mietverhältnis auszugehen, urteilte der BGH.
Urteil des Bundesgerichtshofes
Az.: VIII ZR 376/13