Urteil

Krebspatienten haben keinen Anspruch auf vorgezogene Corona-Impfung

Das Berliner Verwaltungsgericht bestätigt den Vorrang für Alte und Heimbewohner bei der Corona-Impfung. Geklagt hatten zwei Krebskranke mit geschwächter Immunabwehr.

Veröffentlicht:
Tumorgewebe im Labor. Unschön, aber dennoch ohne Einfluss auf die Impfhierarchie gegen Corona.

Tumorgewebe im Labor. Unschön, aber dennoch ohne Einfluss auf die Impfhierarchie gegen Corona.

© [M] M. Ernert / Attachment

Berlin. Krebskranke haben keinen Anspruch auf vorgezogene Corona-Impfung. Trotz ihrer durch die Therapie geschwächten Immunabwehr ist der Vorrang der über 80-Jährigen nicht zu beanstanden, wie jetz das Verwaltungsgericht Berlin entschied.

Es wies damit Klagen zweier Patienten mit Lungen- und Knochenkrebs ab. Sie meinten, wegen ihrer therapiebedingten Immunschwäche seien sie besonders gefährdet und könnten daher eine sofortige Schutzimpfung beanspruchen. Es sei sachlich nicht zu rechtfertigen, bei der Impfreihenfolge zunächst vor allem auf das Alter abzustellen und bestehende Erkrankungen nicht zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sei die Impf-Reihenfolg eine derart wesentliche Frage, dass hierfür statt einer Verordnung ein Gesetz hätte verabschiedet werden müssen.

Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt

Das Verwaltungsgericht Berlin verwies dennoch zunächst auf die Coronavirus-Impfverordnung. Danach gehörten die krebskranken Antragsteller nicht zur Gruppe mit höchster Priorität. Eine Entscheidung nach freiem Ermessen sehe die Verordnung nicht vor.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei dadurch aber nicht verletzt. Und auch aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit lasse sich kein sofortiger Impfanspruch ableiteten.

Priorisierung ist keine Ungleichbehandlung

Die getroffenen Regelungen seien daher nicht zu beanstanden, befand das Verwaltungsgericht. Der Exekutive komme „bei der Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit ein weiter Gestaltungsspielraum zu“. Dieser sei hier nicht überschritten.

Es sei nicht feststellbar, dass die derzeit festgelegte Reihenfolge ungeeignet oder sachfremd sei. Der Vorrang der Heimbewohner und der über 80-Jährigen entspreche „den aktuellen, wenngleich auch nicht unumstrittenen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den darauf gestützten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission“.

Die Frage, ob die Reihenfolge der Impfungen per Gesetz hätte festgelegt werden müssen, könne bei dieser Sachlage offenbleiben. Denn selbst wenn dies richtig und die Coronavirus-Impfverordnung deshalb unwirksam sei, gebe es keine rechtliche Grundlage für einen sofortigen Impfanspruch für Krebspatienten.

Die praktizierte Verfahrensweise führe auch nicht zu einer sachlich ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, so abschließend das Verwaltungsgericht Berlin. (mwo)

Verwaltungsgericht Berlin, Az.: 14 L 13/21 und 14 L 33/21

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Doris Schmitt 03.02.202114:18 Uhr

Man müsste das Berliner Verwaltungsgericht mal über die Komplexität einer Krebserkrankung aufklären. Es gibt Krebspatienten, die schon viele Jahre krankheitsfrei leben, es gibt aber auch Krebspatienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung, die hochgefährdet sind (Pleuracarcinose, Lungenmetastasen), einen schweren Verlauf von Covid19 zu haben und diesen auch nicht zu überleben. Wer ist denn mehr gefährdet, eine 78jährige Krebspatientin mit metastasiertem Mamakarzinom oder eine 80jährige ohne Vorerkrankungen und ohne geschwächtes Immunsystem?

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: PD-1-Inhibitoren: immunvermittelte Nebenwirkungen

© Springer Medizin Verlag GmbH

Thoraxchirurgie beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom

Wie können neoadjuvante Immuntherapien die Tumorresektion beeinflussen?

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Abb.1: Antikörper-Wirkstoff-Konjugat

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14, 15]

Nicht kleinzelliges Lungenkarzinom

Effektive Zweitlinienoptionen weiterhin dringend benötigt

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg, und der Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Wirkmechanismus eines Antikörper-Wirkstoff-Konjugats (ADC) am Beispiel von Trastuzumab deruxtecan

© Springer Medizin Verlag GmbH, (modifiziert nach [10]; original licensed under CC BY 4.0; https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate

Fortschritte bei allen Komponenten

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg, und der Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025