Versorgungslücke droht

Lauterbach fordert von Ländern mehr Medizin-Studienplätze

Zehntausende Ärztinnen und Ärzte steigen in den nächsten Jahren aus dem Beruf aus. Mit einer Klinikreform allein lasse sich die Versorgung nicht sicherstellen. Die Länder seien in der Pflicht, mehr Medizinstudienplätze zu bieten, meint der Gesundheitsminister. Unterstützung kommt von der Bundesärztekammer.

Veröffentlicht:
Blick in einen Hörsaal: Bundesweit sollen mehr Medizinstudienplätze an den Unis geschaffen werden, so die Aufforderung des Gesundheitsministers.

Blick in einen Hörsaal: Bundesweit sollen mehr Medizinstudienplätze an den Unis geschaffen werden, so die Aufforderung des Gesundheitsministers.

© WavebreakMediaMicro / stock.adobe.com

Berlin. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) fordert die Länder auf, zügig mehr Medizinstudienplätze zu schaffen, da in den nächsten Jahren zehntausende Ärztinnen und Ärzte aus dem Beruf ausscheiden: „Dieses Defizit können wir nicht ausgleichen, indem wir ärmeren Ländern dort dringend benötigtes Fachpersonal abwerben“, sagte der SPD-Politiker der „Bild am Sonntag“.

„Wenn wir nicht die Zahl der Medizinstudienplätze um 5000 erhöhen, werden wir die Babyboomer-Generation in naher Zukunft nicht mehr angemessen versorgen können“, fügte der Minister hinzu. Auch eine Krankenhausreform mache „wenig Sinn, wenn uns für die Kliniken nachher die Ärzte fehlen“. Der Deutsche Ärztetag hatte im Mai gefordert, die Zahl der Studienplätze um 6000 zu erhöhen.

Ein Fünftel der Ärztinnen und Ärzte steht kurz vor dem Ruhestand

In Deutschland beginnen derzeit nach Angaben der Bundesregierung jährlich rund 11.600 Studentinnen und Studenten ein Medizinstudium. Insgesamt gibt es derzeit rund 75.000 Medizinstudierende, von denen allerdings über 7700 im Ausland eingeschrieben sind.

2021 waren bei den Landesärztekammern insgesamt 416.120 berufstätige Ärztinnen und Ärzte gemeldet. Nach Angaben der Bundesärztekammer steht allerdings jeder fünfte von ihnen unmittelbar vor dem Ruhestand.

Allerdings kommt ein Ausbau von Medizinstudienplätzen kaum voran. Einzig Bayern plant einen nennenswerten Aufwuchs, ergab eine Umfrage der Zeitung in allen Bundesländern. „In den kommenden Jahren“ sollen dort 2700 neue Medizinstudienplätze entstehen, wie das Wissenschaftsministerium in München mitteilte. An der Universität Oldenburg soll perspektivisch von 120 auf 200 Studienplätze aufgestockt werden. Die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft gab an, dass an der Berliner Charité in diesem Jahr 19 zusätzliche Medizinstudienplätze entstehen sollen. Die meisten anderen Länder planen für dieses Jahr keinen Zuwachs.

MB-Vorsitzende Johna: Wettlauf ist kaum zu gewinnen

Auch der Marburger Bund warnte vor dem Mangel an Medizinstudienplätzen. Der geplante Zuwachs sei „nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagte die Vorsitzende Dr. Susanne Johna. Mit Blick auf das sechsjährige Studium und mindestens fünf Jahren Facharztweiterbildung erklärte sie: „Selbst wenn man jetzt aufstockt, ist der Wettlauf gegen die Zeit kaum zu gewinnen.“

Unterstützung kommt auch von der Bundesärztekammer. „Die Länder müssten jetzt handeln“, fordert Präsident Dr. Klaus Reinhardt in der Zeitung. „Die Fakultäten haben aber Angst vor Qualitätsverlust in der Lehre, wenn sie immer mehr Studenten ohne zusätzliche Mittel ausbilden.“ Da das Medizinstudium für die Länder sehr teuer ist, schlägt Reinhardt vor, dass der Bund für den Ausbau von Medizinstudienplätzen Geld zuschießt. (KNA)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kolumne „Hörsaalgeflüster“

Medizinstudium: Was bleibt, was kommt? Von 2024 in ein ungewisses 2025

Kommentare
Andreas Hoffmann 08.01.202315:07 Uhr

Nur, weil man das gleiche Märchen immer und immer wieder wiederholt, wird es nicht wahr. Jeder internationale Vergleich zeigt deutlichst, dass es sowohl heute als auch in naher Zukunft mehr als genug Ärzte in Deutschland gibt. Was jedoch fehlt, ist ärztliche Arbeitszeit am Patienten. Viel zu viel Arbeitszeit wird mit sinnloser Bürokratie verschwendet, viel zu viele Ärzte arbeiten überhaupt nicht mehr in der Patientenversorgung. Dass die BÄK dies nicht erkennt und der populistischen Propaganda zustimmt, liegt wohl daran, dass Themen Gendern und Frauenquote wichtiger sind als die tatsächlichen Probleme der Ärzteschaft. Der Minister seinerseits spekuliert wahrscheinlich darauf, dass man mit einer gezielt herbeigeführten Ärzteschwemme die Verhandlungsposition der Ärzte schwächen und damit Kosten senken kann. Auch das scheint die „Eliten“ in der BÄK und beim MB nicht zu stören; ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025