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Medikamentennamen – für mich ein Buch mit sieben Siegeln

Dr. Jessica Eismann-Schweimler steht auf Kriegsfuß mit Medikamentennamen. Warum, so fragt sie sich, soll sie Markennamen büffeln, wo sie die Zeit doch viel sinnvoller nutzen könnte?

Veröffentlicht:
Sotalol, Urapidil, Fosfomycin oder Citalopram – die vielfältige Namensgebung von Wirkstoffen (und dann auch noch Präparaten) kann für Mediziner eine echte Lern-Herausforderung sein.

Sotalol, Urapidil, Fosfomycin oder Citalopram – die vielfältige Namensgebung von Wirkstoffen (und dann auch noch Präparaten) kann für Mediziner eine echte Lern-Herausforderung sein.

© fotos4u / Fotolia

Diese Medikamentennamen machen mich wahnsinnig. Ich habe jahrelang studiert und Wirkstoffnamen auswendig gelernt. Von Atenolol bis Zopiclon habe ich versucht, mir wie Vokabeln die einzelnen Namen zu merken.

Dr. Jessica Eismann-Schweimler

Medikamentennamen – für mich ein Buch mit sieben Siegeln

© Antoinette Steinmüller

Dr. Jessica Eismann-Schweimler, geb. 1979, ist Weiterbildungsassistentin in einer allgemeinmed. Praxis, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie ist seit 2005 Ärztin und bloggt für die "Ärzte Zeitung" über Höhen und Tiefen der Weiterbildungsabschnitte auf dem Weg zum Allgemeinmediziner sowie über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Es gibt sogar eine gewisse Logik in der Namensgebung: -olole sind Betablocker; -osine sind Alphablocker, -mycine sind Makrolidantibiotika, -oxetine/-oxamine sind SSRIs, diese Liste lässt sich sicher sehr lange fortsetzen, wird allerdings auch gleich schon wieder gesprengt, wenn es sich um Sotalol, Urapidil, Fosfomycin oder Citalopram handelt. Mir fiel es sehr schwer, diese Kunstnamen, die in ihrer Namensgebung keinen inneren Zusammenhang zu der zu behandelnden Erkrankung oder wenigstens dem Wirkmechanismus aufweisen, auswendig zu lernen.

Es ist mir dennoch in ausreichendem Maße gelungen und hat zum erfolgreichen Abschluss des Studiums geführt. Und dann kam der medizinische Alltag. Da geht es gar nicht mehr um Wirkstoffe, sondern nur noch um Präparatenamen, und die sind noch viel bunter. Da klingen die Wirkstoffe nicht mal ansatzweise im Namen an.

Die Strategie ist klar: der häufige Besuch eines Pharmavertreters führt über regelmäßige nette Gespräche dazu, dass ich mir einzelne dieser Präparatenamen einpräge, über die Zeit den Wirkstoffnamen vergesse und nur noch das beworbene Präparat verordne.

Ich halte diese Strategie für fehleranfällig. Stehe ich unter Druck und verordne das falsche Medikament, weil mir der richtige Name nicht einfällt, dann kann das durchaus Konsequenzen haben.

Im klinischen Alltag kommt noch ein weiterer Faktor erschwerend hinzu: die Hausliste. Nicht jedes Präparat ist vorrätig, so dass die Ärzte beim Schreiben der Verordnungen und beim Umsetzen auf die kliniküblichen Präparate viel Zeit verlieren. Das ist ineffizient und fehleranfällig. Einige Kliniken haben deshalb begonnen, ihre Hausliste auf Präparate umzustellen, die den Wirkstoffnamen im Präparatenamen haben. Das gibt es leider im Moment meist nur für Generika.

Ich persönlich weigere mich, Präparatenamen auswendig zu lernen. Ich bleibe bei den Wirkstoffen. Da habe ich lange genug für gelernt und die kann ich jetzt. Das führt häufig dazu, dass ich googlen muss, um ein Medikament zu verordnen. Da sehe ich auch gleich, falls ich mich eventuell doch mit dem Wirkstoffnamen vertan habe. Aber in Zukunft würde es mir reichen, nur noch den Wirkstoff zu verordnen. Es gibt Apotheken mit studierten Apothekern. Die können gerne überlegen, welches passende Präparat sie vorrätig haben und was die Kasse übernimmt. Ich hätte dann mehr Zeit für Patientengespräche.

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Kommentare
Rudolf Egeler 10.01.201812:12 Uhr

Medikamentennamen

Schon in meinem klinischen Studienabschnitt Anfang der 1970er-Jahre brachte uns der Pharma-Professor Dr.Reiter bei,beim Rezeptieren nur Wirkstoff-Namen zu verwenden.Das versuchte ich dann ab 1980 in der Praxis und erntete von den Ortsapothekern reine Häme und Spott! Hab das bald aufgegeben!
Noch ein Bonmot zum Schluss: Auf die Frage an einen Pharmavertreter, warum er so häufig - alle 2-4 Wochen - komme, antwortete der wortwörtlich:: Wenn man mit einem Hammer oft genug auf den Kopf schlägt, bleibt irgendwann auch etwas hängen.... Das war Anlass, diesen Herrn künftig nicht mehr in der Praxis zu empfangen. Allerdings sind die Werbepraktiken der Pharmaindustrie im Laufe der Jahre/Jahrzehnte weiter verfeinert sprich intensiviert worden.

Matthias Wriedt 01.11.201721:30 Uhr

Fragen Sie Ihren Apotheker

Sehr geehrte Dr. Eismann-Schweimler,

Sie machen es genau richtig! Verordnen Sie Wirkstoffnamen und benennen Sie sie auch im täglichen Sprachgebrauch!
Seit -zig Jahren haben wir Ceftriaxon-Generika, und wie häufig schallt es noch: "Rocephin 2g"?
Weiß das die Krankenpflegschülerin?
Problem "Sound-a-like" und "Wrote-a-like"!
Als klinische Apotheker auf Station unterstützen wir das Team von Pflege und Ärzten, die uns augenscheinlich schätzen.
Es wäre schön, wenn mehr Ihrer KollegInnen von dieser Multiprofessionalität profitieren können und Sie sich damit mehr auf Ihre Kernkompetenzen und den Fokus Patient konzentrieren können.
Verlangen Sie "Ihren" Apotheker! Auch auf Station!

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wriedt
Klinischer Apotheker, Asklepios Klinik Barmbek (Hamburg)

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