Telemedizin
Mehr Effizienz durch Apps und IT-Einsatz im Praxisalltag
Die Digitalisierung hat die Gesundheitswirtschaft längst erreicht. Doch im Dschungel der Angebote fällt es schwer, sich zurechtzufinden.
Veröffentlicht:MAGDEBURG. Rund 400.000 medizinische Apps weltweit soll es mittlerweile geben. Die von Experten genannten Zahlen variieren immer wieder erheblich und wirken in ihrer enormen Dimension fast willkürlich gewählt. Doch für Ärzte und ihre Patienten ist eine andere Frage entscheidend: Welche Apps können für Ärzte und/oder Patienten tatsächlich hilfreich sein? Professor Christian Schmidt, Ärztlicher Direktor und Vorstand der Uniklinik Rostock, brachte während einer Fortbildungsveranstaltung im Magdeburger Haus der Heilberufe etwas Licht ins Dunkel.
Dass Patienten in den USA ihre Patientenakten in Apps herunterladen oder Mediziner in sogenannten Ärzte-Communities konkrete Fälle, teilweise anhand von Fotos oder Röntgenbildern, diskutieren, mag dort normal sein. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schicke mittlerweile schließlich auch schon so mancher Kühlschrank seine Bestellung an den Supermarkt, wenn die Milch ausgegangen ist. Aber im Datenschützerland Deutschland?
Höhere Produktivität durch Apps
"Kann uns dieser ganze digitale Kram wirklich helfen?" Mit dieser provokanten Frage nahm Christian Schmidt einigen kritisch eingestellten Teilnehmern der von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) organisierten Fortbildung gleich den Wind aus den Segeln.
Eingeladen hatte die apoBank zum Thema "Digital Health in der Medizin. Apps und Wearables im Alltag". Kooperationspartner der Veranstaltung waren der Verband der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands und die Ärztekammer Sachsen-Anhalt.
Sicher sei, so Referent Christian Schmidt, dass die Digitalisierung um Ärzte keinen Bogen machen wird. In den kommenden Jahren werden weniger Menschen in der Versorgung immer mehr Leistungen erbringen müssen – auch in der Medizin. Der steigenden Zahl an Rentnern stehen weniger junge Ärzte gegenüber. Viele von ihnen bevorzugten Teilanstellungen in Krankenhäusern und Praxen. Wie ist da Mehrarbeit zu bewältigen? Schmidt ist überzeugt: "Produktivitätszuwachs lässt sich nur durch Digitalisierung gewährleisten." Die richtigen Apps könnten Brücke zu gelebter Interdisziplinarität sein. Dazu gehörten etwa Apple-Apps wie Clinicalkey, Health Manager, Medical Research oder Workflow Management.
Clinicalkey beispielsweise erlaube einen schnellen Zugriff auf einen großen Pool evidenzbasierter klinischer Informationen zu Diagnostik und Behandlung. Der Health Manager dagegen helfe Patienten, eigene Gesundheitswerte zu erfassen und im Blick zu behalten. Medical Research wiederum "sammelt" Patientendaten für Wissenschaftler in der medizinischen Forschung.
Arbeitserleichterung für Ärzte
Durch Workflow-Management-Apps könnten chronisch Kranke in Verbindung mit digitalen Endgeräten (Blutdruckmessgerät, EKG, Ergometer, Waage usw.) besser überwacht werden. Eine Arbeitserleichterung für Ärzte und zugleich ein Weg zu gleichberechtigter, spezialisierter Versorgung in Stadt und Land, betonte Schmidt. Probleme sieht der Universitätsmediziner noch in der Auswertung der Datenflut. Dank immer intelligenter werdender Systeme sei jedoch absehbar, dass künftig nur abweichende Werte angezeigt werden.
Apps, davon ist der Ärztliche Direktor überzeugt, werden mehr und mehr zu täglichen Begleitern. So könnten Compliance Tools bestimmte Patientengruppen an die Einnahme ihrer Medikamente, Bewegung oder auch Blutdruckmessungen erinnern. "Sowohl Ärzte als auch Patienten müssen für sich herausfinden, was für sie sinnvoll ist und was nicht." Helfend könnten hier Kassenärztliche Vereinigungen durch die Entwicklung eigener Apps einspringen. "Aber die tun sich sehr schwer damit."
Wie Apps in den Alltag, so werden in Zukunft auch immer mehr Op-Roboter in Kliniken einziehen. "Kann ein Arzt 500 Eingriffe eines bestimmten Verfahrens vorweisen, greift der Roboter auf Erfahrungen von 80.000 und mehr zurück", sagt der Arzt. Der Anfang sei gemacht: Robotik stehe bereits heute für schonendere Operationen, sichere Biopsien oder genauere Ergebnisse beim Fräsen künstlicher Hüften. Schmidt: "Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Der schwächste Punkt in der Kette ist bei manchen Tätigkeiten tatsächlich der Mensch."