Urteil

Mehr Pflegegeld bei Ernährung per Infusion

Ein Kind ist auf die Ernährung per Infusion angewiesen. Der Aufwand dafür wird der pflegenden Mutter zunächst nicht angerechnet. BSG-Richter entschieden nun: Ihr Zeiteinsatz für die parenterale Ernährung ist von der Pflegekasse zu berücksichtigen.

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Eine Krankenschwester bereitet eine bereitet die künstliche Ernährung eines Patienten vor.

Eine Krankenschwester bereitet eine bereitet die künstliche Ernährung eines Patienten vor.

© Mathias Ernert

KASSEL. Der Aufwand für die parenterale Ernährung pflegebedürftiger Menschen kann zu mehr Pflegegeld führen. Die hierfür aufgewandten zeitlichen Ressourcen sind bei der Pflegeeinstufung mit zu berücksichtigen, wie jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied.

Damit hat ein heute 14-jähriger Junge aus Rheinland-Pfalz Aussicht auf mehr Geld von der Pflegeversicherung. Im Alter von vier Jahren musste er wegen schwerer Darmnekrose mehrfach operiert werden.

Seitdem leidet er an einem schweren Kurzdarm-Syndrom.

Acht bis zwölf Mahlzeiten täglich

Bedingt durch das Leiden nimmt der Junge täglich acht bis zwölf kleine Mahlzeiten zu sich. Über Nacht wird er zusätzlich über einen Broviac-Katheter ernährt.

Seit Dezember 2009 bezahlt die Pflegekasse Pflegegeld nach Pflegestufe I. Die Zeit, die die Mutter für die intravenöse Ernährung aufwendet, wurde dabei allerdings nicht mit berücksichtigt.

Die Pflegekasse meint, die parenterale Ernährung sei keine normale Ernährung und gehöre daher nicht zur Grundpflege. Es handele sich vielmehr um medizinische "Behandlungspflege", für die die Pflegekassen nicht zuständig seien.

Dem hat das BSG nun klar widersprochen. Zwar würden bei der parenteralen Ernährung der Mund und - anders als bei einer Magensonde - auch die Verdauungsorgane umgangen.

"Sie bleibt aber eine Form der Nahrungsaufnahme", betonten die Kasseler Richter. Nach den gesetzlichen Vorschriften zur Pflegeversicherung seien sie daher "eine verrichtungsbezogene Maßnahme der Grundpflege".

Regelmäßige Überprüfung nötig

Nach dem Kasseler Urteil ändert sich daran auch dadurch nichts, dass die parenterale Ernährung regelmäßig durch einen Arzt oder eine Pflegefachkraft überprüft werden muss. Die Pflegekasse habe die Versorgung durch die Mutter "seit Jahren hingenommen" und deren Qualität nie beanstandet.

Dabei betonte das BSG aber, dass die parenterale Ernährung nicht generell der Grundpflege und damit den Pflegekassen zuzurechnen ist.

Gibt es etwa keine Person, die dies zuverlässig übernehmen kann, könne die parenterale Ernährung auch der Behandlungspflege zugerechnet werden. Zuständig für die Finanzierung der Pflegekräfte wären dann die Krankenkassen.

LSG in Mainz muss entscheiden

Im konkreten Fall aber sei die parenterale Ernährung der Grundpflege durch die Mutter zuzurechnen.

Ob der Junge durch den damit verbundenen Zeitaufwand von der Pflegestufe I in die Pflegestufe II aufrückt, muss nun noch das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in Mainz weiter klären. (mwo)

Urteil des Bundessozialgerichts, Az.: B 3 P 4/13 R

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