Europäische Umweltpolitik

Mehrere Generikahersteller klagen gegen neue europäische Abwasserrichtlinie

Welche Rückstände im Abwasser sich Arzneimittelherstellern zurechnen lassen und ob die Lasten für Bau und Betrieb einer 4. Klärstufe fair verteilt sind: Darüber soll jetzt der EuGH entscheiden.

Veröffentlicht:

Berlin. Mehrere Arzneimittelhersteller haben beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen die novellierte kommunale Abwasserrichtlinie der EU (2024/3019) eingereicht. Wie die Industrieverbände ProGenerika und Pharma Deutschland zu Wochenbeginn mitteilen, handelt es sich um die Firmen Fresenius Kabi, Sandoz/Hexal, Teva, Viatris, Accord Healthcare, Zentiva, Dermapharm sowie Hameln Pharma und Puren.

Mit der Klage soll insbesondere die sogenannte „erweiterte Herstellerverantwortung“ angegriffen werden, wonach überwiegend (zu mindestens 80 Prozent) Pharma- und Kosmetikfirmen für Bau und Betrieb einer 4. Reinigungsstufe in größeren Kläranlagen aufkommen sollen, um auch Mikroverunreinigungen herauszufiltern, die auf Abbau- und Restprodukte zurückgeführt werden, die sich den beiden genannten Branchen zuordnen lassen.

Rückstände nicht von der Industrie verursacht?

Dagegen machen die Kläger geltend, dass es eigentlich gar nicht um Produktionsabfälle der Pharmaindustrie geht. Deren Herstellungsprozesse unterlägen „bereits strengen Umweltauflagen“, erläutert ProGenerika. „Vielmehr stammen die Arzneimittelrückstände aus Ausscheidungen von Patientinnen und Patienten.“ Außerdem würde eine 4. vierte Klärstufe „auch Rückstände aus kommunalem Abwasser filtern, die nicht nur aus Arzneimitteln und Kosmetika, sondern auch aus verschiedenen industriellen oder landwirtschaftlichen Quellen stammen“.

Drittes Argument der Kläger: Die beabsichtigte Lenkungswirkung der erweiterten Herstellerverantwortung, nämlich Anreize zur Entwicklung „umweltfreundlicherer“ Produkte zu geben, ignoriere „völlig die Besonderheit von Arzneimitteln, bei denen eine Neugestaltung des Produkts nicht durchführbar ist, ohne die Wirksamkeit zu beeinträchtigen und eine neue Zulassung zu benötigen“.

Kostenexplosion der Generikaproduktion?

Mit Hinweis auf Schätzungen des Umweltbundesamtes befürchtet ProGenerika, dass allein in Deutschland Pharmahersteller infolge der erweiterten Herstellerverantwortung mit bis zu einer Milliarde Euro jährlich zur Kasse gebeten werden könnten. Beispielsweise würde sich die Amoxicillin-Produktion um bis zu 116 Prozent verteuern, heißt es, die des Antidiabetikums Metformin gar um bis zu 446 Prozent.

Marktrücknahmen überforderter Hersteller seien nicht auszuschließen; das gelte vor allem für preisregulierte Produkte, deren steigende Fertigungskosten nicht einfach weitergegeben werden könnten. Wiederholt hat der Verband deshalb schon vor einem, so wörtlich, „Engpass-Tsunami“ gewarnt, sollte die Neufassung der europäischen Abwasserrichtlinie auf nationaler Ebene nicht mit Augenmaß umgesetzt werden. (cw)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Der Empfang der Gynäkologen-Praxis in Gütersloh: Vor allem die starke Patientinnenbindung überzeugte am Ende das MVZ, das die Praxis erwarb.

© Andreas Peters

Praxismanagement

Privatpraxis abzugeben? Das lässt sich regeln!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Finanzdienstleister MLP
Broker im Handelsraum der New Yorker Börse NYSE Stock Exchange Euronext. Dem Markt in den USA traut die apoBank eine bessere Performance zu als europäischen Aktienmärkten.

© Thomas Imo / photothek / picture alliance

Jahresausblick

Nach Rekordjahr: Luft für Aktien wird 2025 dünner

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wiederkehrende Schwindelanfälle

Vertigo – wann steckt eine vestibuläre Migräne dahinter?

Man kann nicht nicht führen

Mitarbeiterführung in der Arztpraxis: Tipps für Praxisinhaber

Zu viel in der Hitze gearbeitet?

Der Mann mit der Alzheimermutation, der keine Demenz bekommt

Lesetipps
Eine Lupe vor Spielfiguren

© CYBERUSS / stock.adobe.com

Frage der Woche

Wie sieht für Sie der optimale Führungsstil aus?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung