Behandlungsfehler
Neues Verfahren für Gutachten
Die Ärztekammer Westfalen-Lippe holt in ihrer Gutachterkommission Versicherer und Kliniken an einen Tisch. Verfahren sollen so einfacher und schneller werden.
Veröffentlicht:MÜNSTER. Auf die Arbeit der Gutachterkommissionen für ärztliche Behandlungsfehler wirkt es sich positiv aus, wenn die Haftpflichtversicherer und die Klinikträger von Anfang an einbezogen werden. Das zeigen erste Erfahrungen der Gutachterkommission für Arzthaftpflichtfragen der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL).
Die Kommission hat seit 1. Juli 2014 eine neue Satzung. Sie sieht neben der Einbeziehung von Krankenhausträgern und Versicherern die Umstellung von ehrenamtlichen auf hauptamtliche juristische Gutachter vor. Die Stelle arbeitet weiterhin mit ehrenamtlichen ärztlichen Gutachtern zusammen.
Unterlagen aus einer Hand
Durch die frühe Beteiligung der Klinikträger werde das Verfahren gerade nach der Behandlung in mehreren Krankenhausabteilungen für die Patienten einfacher, da alle Stellungnahmen und Unterlagen aus einer Hand kommen. Das sagte Jan Paus, Juristischer Leiter der Gutachterkommission, vor Journalisten in Münster. "Es trägt zur Beschleunigung der Verfahren bei."
Es sei günstig, wenn mit dem Haftpflichtversicherer der Ärzte oder Krankenhäuser von Anfang an derjenige mit am Tisch sitzt, der nach dem Feststellen eines Behandlungsfehlers für die weiteren Entscheidungen zuständig ist. "Die Patienten müssen sich nicht gesondert mit dem Versicherer auseinandersetzen", erläuterte Paus.
Die Unternehmen könnten früh Einwände vorbringen und deutlich machen, welche Sachverhalte sie geklärt haben wollen. "Wir können die Regulierung für die Patienten leichter machen." Die Versicherer seien dem neuen Verfahren gegenüber sehr aufgeschlossen.
Die veränderten Arbeitsabläufe in der Gutachterkommission sollen nach Angaben des Juristen auch dazu führen, dass die Verfahren für die Patienten und die Ärzte transparenter werden und sie sich besser einbringen können.
Die Kommission teilt allen Beteiligten nach der ersten Sichtung der Sachlage mit, worauf es ihrer Einschätzung nach bei der Begutachtung ankommt und welche Gutachter sie auswählen will.
Höherer Aufwand
Die neue Vorgehensweise bedeute einen erhöhten Aufwand, sagte Paus. Aber er werde sich lohnen. "Wir hoffen, dass wir zu einvernehmlichen Lösungen mit allen Verfahrensbeteiligten kommen."
Die Patienten könnten zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens Gehör bei den Mitarbeitern der Kommission finden, betonte die ärztliche Leiterin Dr. Marion Wüller.
"Wir sind bereit, jederzeit alles offen zu legen." Manche Patienten scheuten aber vielleicht davor zurück, sich bei Rückfragen oder Unzufriedenheit selbst an die Kommission zu wenden, sagte Wüller.
Ein Patientenvertreter soll in Westfalen-Lippe deshalb dafür sorgen, dass die Patienten ihre Interessen bei der Kommission nachhaltig zu Gehör bringen können.
Dr. Willibert Strunz, der ehemalige Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe in Nordrhein-Westfalen, hat die Arbeit als Patientenvertreter Anfang dieses Jahres aufgenommen.
Die ÄKWL habe keinen Einblick in seine bisherigen Erfahrungen, sagte Präsident Dr. Theodor Windhorst.
Strunz hatte die Teilnahme an der Pressekonferenz kurzfristig abgesagt. "Der Patientenvertreter ist keine Alibi-Funktion, sondern er nimmt Einsicht in die Arbeit der Kommission", stellte Windhorst klar.
2014 gingen 1517 Anträge bei der Kommission ein, nach 1440 im Jahr zuvor. Der Präsident bewertete die Zunahme positiv. "Jeder Patient, der nach einer Behandlung in einer Ungewissheit steckt, sollte das klären lassen."
1031 erledigte Verfahren
Bei 14 Prozent der 1031 erledigten Verfahren stellten die Gutachter einen Behandlungsfehler mit Kausalität für einen Gesundheitsschaden fest, bei vier Prozent einen Gesundheitsschaden ohne Kausalität.
Die im Vergleich zu anderen Kommissionen niedrige Behandlungsfehlerquote erklärte Wüller damit, dass die Kommission in Westfalen-Lippe keine Entscheidung fällt, wenn zwei Gutachter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Wird ein Behandlungsfehler festgestellt, sei es wichtig, dass die Ärzte proaktiv auf die Patienten zugehen, damit sie mit den medizinischen und psychischen Belastungen nicht allein bleiben, betonte Windhorst. "Da müssen wir noch besser werden."
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