Bilanz 2020
Novartis von Corona unbeeindruckt – Forecast dennoch vorsichtig
Kontinuierlich patentfrei werdende Umsatzbringer zu ersetzen, funktioniert auch mit Orphan Drugs: Novartis’ Gentherapie Zolgensma® ist keine zwei Jahre im Markt und steht schon kurz vor der Milliarden-Umsatzschwelle.
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Sterilbetrieb für neuartige Zell- und Gentherapien am schweizerischen Novartis-Standort Stein am Rhein.
© Novartis
Basel. Novartis hat das Geschäftsjahr 2020 relativ unbeeindruckt von der Pandemie absolviert – obgleich auch der Schweizer Pharmariese vom globalen Social Distancing nicht verschont blieb. Insbesondere bei der Generikasparte „Sandoz“ hätten sich stornierte Patientenkontakte in geringfügigem Verkaufsrückgang niedergeschlagen, wie CEO Vas Narasimhan anlässlich der virtuellen Kennzahlen-Präsentation am Dienstag berichtete. Effizienzprogramme der vergangenen Jahre hätten dennoch dafür gesorgt, dass auch im Nachahmergeschäft unterm Strich ein Plus verbucht werden konnte.
Der Konzernumsatz verbesserte sich um drei Prozent auf knapp 48,7 Milliarden Dollar (40 Milliarden Euro). Der Überschuss nahm in den fortgeführten Geschäften um 13 Prozent auf 8,1 Milliarden Dollar zu. Aufgrund des Vergleichseffekts zu Sondererträgen aus dem Börsengang der Augensparte Alcon in 2019 bedeutete das aber zugleich einen 45-prozentigen Rückgang des ausgewiesenen Gewinns nach Steuern.
24. Dividendenerhöhung in Folge
Infolgedessen fällt die vorgeschlagene 24. Anhebung der Dividende in Folge mit +1,7 Prozent (auf 3,00 Franken je Aktie) auch nurmehr halb so hoch aus wie im Vorjahr.
Etliche große Umsatzbringer des Novartis-Portfolios konnten 2020 weiter, teils zweistellig, zulegen. Namentlich benannte Narasimhan als Wachstumstreiber das Herzinsuffizienz-Medikament Entresto® (Valsartan+Sacubitril), den Psoriasis-Antikörper Cosentyx® (Secukinumab) sowie die Gentherapie Zolgensma® zur kausalen Behandlung spinaler Muskelatrophie. Entresto® avancierte mit Einnahmen von 2,5 Milliarden Dollar (+45 Prozent) zum drittgrößten Konzernprodukt. Cosentyx® spielte rund 4,0 Milliarden Dollar ein (+13 Prozent) und verdrängte damit das bisherige Hauptprodukt, das inzwischen in etlichen Märkten patentfreie orale MS-Mittel Gilenya® (Fingolimod) von Platz 1 auf der Liste der aktuell 14 Novartis-Blockbuster.
Zolgensma®, die mit rund zwei Millionen Euro pro Anwendung teuerste medikamentöse Therapie der Welt, steht zwar noch nicht auf dieser Liste, ist aber auf direktem Weg dorthin (920 Millionen Dollar, +155 Prozent). Gut entwickeln konnte sich auch die zweite Innovation, mit der Novartis in der jüngeren Vergangenheit für Aufsehen als Innovator sorgte: Die CAR-T-Therapie Kymriah®, die 474 Millionen Dollar einbrachte (+71 Prozent).
Die Sparten-Performance: Mit patentgeschützen Originalen („Innovative Medicines“) wurden rund 39 Milliarden Dollar erlöst (+3,0 Prozent), wovon 14,4 Milliarden (+2,0 Prozent) dem Geschäft mit Krebsmitteln zuzuordnen sind; der operative Spartengewinn gab geringfügig auf 9,2 Milliarden Dollar (- 1,2 Prozent) nach. Die Generika-Unit „Sandoz“ kam auf 9,6 Milliarden Dollar Umsatz (-1,0 Prozent) und rund 1,0 Milliarden Dollar Betriebsgewinn (+ 89 Prozent).
CEO Narasimhan erwartet, dass die Pandemie bis zum Sommer anhält und danach die Versorgungslage sowie vor allem die Verordnungsdynamik allmählich wieder zur Normalität zurückfinden. Unter dieser Voraussetzung sowie der Annahme, dass sich auch dieses Jahr in den USA noch immer kein Wettbewerber mit einem Fingolimod-Nachahmer in den Markt wagt, prognostiziert der Konzernchef ein wechselkursbereinigt prozentual einstelliges Verkaufswachstum in niedriger bis mittlerer Größenordnung sowie ein mittleres einstelliges Plus beim Betriebsgewinn.
Neue Option gegen MS?
Zu den wichtigsten diesjährigen Etappenzielen der Produktentwicklung gehört zweifellos die US-Zulassung des neuartigen PCSK9-Inhibitors Inclisiran (Leqvio®). In der EU wurde das RNAi-Therapeutikum gegen Hypercholesterinämie und gemischte Dyslipidämie Mitte Dezember zugelassen. Die US-Oberbehörde FDA hingegen hatte nach einer Werksinspektion bei einem laut Novartis „Drittunternehmen in Europa“ Bedenken angemeldet. Die gilt es nun auszuräumen, was Novartis „voraussichtlich im zweiten oder dritten Quartal“ erledigt haben will. Zugleich wird von Unternehmensseite versichert, die FDA habe „keine Bedenken bezüglich der Wirksamkeit oder Sicherheit von Inclisiran“ geäußert.
In Europa steht möglicherweise die Zulassung des einstigen, 2019 aus dem Vertrieb gegen Krebs genommenen Ofatumumab (Kesimpta®) gegen schubförmige MS bevor. Die FDA hatte dem Anti-CD20-Antikörper im August vorigen Jahres die Marktfreigabe gegen MS erteilt. Mit einem Votum der europäischen Arzneimittelagentur EMA rechnet Novartis einer früheren Mitteilung zufolge im Laufe des 2. Quartals.