Am falschen Auge operiert
Oberlandesgericht verhandelt über Ärztefehler
München. Das Oberlandesgericht (OLG) München verhandelt am Donnerstag (12. Dezember) den Fall eines Mannes, der am falschen Auge operiert wurde und nun nur noch sehr schlecht sieht.
Bei einer Operation im Jahr 2015 hatte ein Anästhesist dem Gericht zufolge bei der Vorbereitung versehentlich das falsche Auge des Patienten abgeklebt. Der Operateur operierte daraufhin das gesunde Auge, dessen Sehkraft seitdem nach Angaben des geschädigten Friseurmeisters nur noch bei zehn Prozent liegt.
In der ersten Instanz hatte das Landgericht dem Opfer bereits 70.000 Euro Schmerzensgeld und 21.000 Euro Schadenersatz zugesprochen. Doch der Mann fordert 100.000 Euro Schmerzensgeld und dass die Versicherung des Arztes auch für zukünftige Schäden aufkommt – schließlich habe der 37-Jährige noch mindestens sein halbes Leben vor sich. Außerdem könne er nicht mehr richtig arbeiten und habe deshalb zusätzliche Mitarbeiter einstellen müssen.
Wer hat Schuld: Operateur oder Anästhesist?
Der operierende Arzt sieht die Schuld hingegen beim Anästhesisten und bestreitet die vom Patienten beschriebenen Folgen des Behandlungsfehlers. Das kompliziert die Entscheidung des Gerichts.
Das erste Urteil des Landgerichts sei nicht klar formuliert, findet die Anwältin des Mannes, Claudia Thinesse-Wiehofsky. Auch die Richter des OLG ließen erkennen, dass sie das ähnlich sehen. Laut der Anwältin schreibt es fest, dass dem Mann weiteres Schmerzensgeld für nicht vorhersehbare Folgen des Eingriffs zustehe. Eine mögliche Erblindung sei aber im juristischen Sinne vorhersehbar.
Das eingesetzte Hornhautimplantat habe einem Sachverständigen zufolge eine Haltbarkeit von höchstens 30 Jahren. Niemand könne jedoch wissen, ob der Körper des dann 62-Jährigen danach ein weiteres Implantat annehme. Falls nicht, würde er erblinden, bekäme aber kein weiteres Geld, sagte die Anwältin. „Und das kann ja nicht sein.“
Einen Vergleich lehnten beide Seiten daher bislang ab. Dem Anwalt des Arztes zufolge verklagt dieser seinerseits auch den Anästhesisten, weshalb man eine Entscheidung des Gerichts brauche. Diese wird nun voraussichtlich im Januar fallen. (dpa)
Az.: 1 U 3811/19