Debeka übt Selbstkritik

PKV muss Schwachstellen beheben

Die PKV steht unter Druck. Einige Versicherer wagen nun den Wandel. Der Branchenprimus Debeka geht in die Offensive - und wehrt sich gegen den Vorwurf der Rosinenpickerei.

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Debeka-Chef Laue - will auf Angriffe reagieren.

Debeka-Chef Laue - will auf Angriffe reagieren.

© Thomas Frey / dpa

KOBLENZ. Ein großer Teil der immer wieder an der privaten Krankenversicherung (PKV) geübten Kritik ist unbegründet, findet der Vorstand der Debeka.

Aber dort wo die Branche Schwachstellen hat, sollte sie alles daran tun, sie zu beseitigen. Die Debeka - mit 2,2 Millionen Vollversicherten der mit Abstand größte PKV-Anbieter - will selbst mit gutem Beispiel voran gehen.

"Es gibt viele Punkte, an denen die Politik und die Öffentlichkeit uns angreifen, auf diese Punkte muss man reagieren", sagt der Vorstandsvorsitzende Uwe Laue.

Der Versicherer unterstützt die vom PKV-Verband empfohlenen Mindeststandards für die Vollversicherung. In ihrem Leistungskatalog steht die Branche nämlich an manchen Stellen schlechter da als die gesetzliche Konkurrenz, zum Beispiel bei der Psychotherapie, der Versorgung mit Hilfsmitteln und der Entwöhnungsbehandlung bei Suchterkrankungen.

Hier regeln die Unternehmen zwar einiges auf Kulanzbasis, die Versicherten haben aber keinen Anspruch darauf. Die Verbandsempfehlungen sehen deshalb die Erstattung von 50 Sitzungen in der ambulanten Psychotherapie vor, die Arbeit mit einem offenen Hilfsmittelkatalog und die Kostenübernahme bei Entwöhnungsbehandlungen.

Mit der Umstellung auf die Unisextarife zum 21.12.2012 setzte die Debeka die Empfehlungen um. "Der PKV-Mindeststandard ist aber ein Kompromiss, der uns noch nicht weit genug geht", sagt Vorstand Roland Weber.

Deshalb habe der Versicherer eine Reihe weiterer neuer Leistungen in die Versicherungsbedingungen aufgenommen. Dazu gehören ambulante und stationäre Hospizbehandlungen, die künstliche Befruchtung, Erst- und Folgeschulungen für Diabetiker, die häusliche Behandlungspflege sowie die häusliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung, wenn ein Krankenhausaufenthalt vermieden wird.

Nicht nur Besitzstandswahrung

"Mit Ausnahme der versicherungsfremden Leistungen haben wir jetzt keine Lücken zur gesetzlichen Krankenversicherung mehr", sagt Weber.

Die Debeka wird ab dem 15. Februar 2013 mit einem Angebot für die geförderte ergänzende Pflegeversicherung auf den Markt gehen, dem Pflege-Bahr. Bei diesen Produkten gibt es einen Kontrahierungszwang der Versicherer, das heißt sie müssen ohne Gesundheitsprüfung jeden annehmen.

Dadurch erwarten viele Experten, dass die Angebote vor allem für ältere und kranke Versicherte attraktiv sind, die unter den normalen PKV-Bedingungen keinen bezahlbaren Versicherungsschutz finden würden.

Wenn die sogenannten besseren Risiken vor allem die nicht-geförderten Policen kaufen, werden die Beiträge für die geförderten stark seigen, so die Befürchtung.

Einen solchen Effekt will die Debeka vermeiden. Künftig können Kunden, die eine Pflegezusatzversicherung mit erweitertem Leistungsumfang kaufen wollen, das nur machen, wenn sie zunächst eine Pflege-Bahr-Police abschließen.

"Wir wollen eine Symbiose von geförderter und nicht geförderter Pflegezusatzversicherung, um die Antiselektion zu verhindern", sagt Weber.

Mit der Umstellung auf die geschlechtsneutralen Unisex-Tarife bietet der Koblenzer Versicherer allen Arbeitnehmern, die zum ersten Mal die Versicherungspflichtgrenze überschreiten, die Annahme an - und zwar unabhängig vom Gesundheitszustand.

Risikozuschläge werden auf 30 Prozent begrenzt. Damit will die Debeka dem Vorwurf der Rosinenpickerei den Boden entziehen, der von Kritikern immer wieder als Argument gegen die PKV ins Feld geführt wird.

In seinem Urteil zur Gesundheitsreform im Juni 2009 habe das Bundesverfassungsgericht explizit die notwendige "Vollfunktionalität" der PKV als zweiter Säule des Krankenversicherungssystems betont, sagt Debeka-Chef Laue. "Genau diese Vollfunktionalität der PKV haben wir im Blick, wenn wir die beschriebenen Kritikpunkte gegenüber der PKV ausräumen."

Denn es gehe nicht nur um Rechte und Besitzstandswahrung der Branche, sondern auch um Pflichten, die die PKV zur sozialen Sicherung ihrer Mitglieder übernehmen müsse, betont er. (iss)

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Kommentare
Carsten Windt 02.01.201314:13 Uhr

Zum Glück trifft es "nur" die Unisextarife

Neues Spiel neues Glück. So sehr die jetzt eingeführte "Öffnungsaktion" für den Einzelnen zu begrüßen ist, so sehr wird durch nicht Adäquate Prämien die Versichertengemeinschaft belastet. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Selben die jetzt diese Regelung begrüßen, die Ersten sind, die sich über Beitragsanpassungen beklagen. Wenn ein Zuschlag auf 30% begrenzt wird, muss jemand anderes für den Rest aufkommen. Also liebe Verbraucherschützer haltet Euch bei der nächsten Beitragsanpassung einfach mal zurück.

Zum Glück trifft es nicht die BI-Sextarife, sodass die bisher Versicherten nicht mit zusätzlichen überraschenden Lasten belegt werden.

Dr. Thomas Georg Schätzler 02.01.201309:55 Uhr

Vorwärtsverteidigung

Im Gegensatz zum PKV-Bundesverband, der mit seinem glücklosen Verbandsdirektor und Vorstand kein Fettnäpfchen auslässt und mit z. T. peinlichen Äußerungen die Öffentlichkeit desinformiert, startet die DEBEKA eine durchaus positive Offensive mit "ergo(nomisch) direkt(en)" Hinweisen und Klarstellungen für ihre PKV-Versicherten. Für die private Pflegezusatzversicherung werden transparentere Regeln und fairer kalkulierte Beiträge zeigen, dass die 5 € mtl. "Pflege-Bahr" nicht mehr als ein Trostpflästerchen sind, wenn alle Pflegestufen eingeschlossen werden.

Eine Begrenzung der Risikozuschläge auf 30 Prozent ist eine erhebliche Verbesserung. Bei den Anfragen anderer Versicherer habe ich oft den Eindruck, dass selbst Bagatellerkrankungen oder längst ausgeheilte interkurrente Infekt zum Anlass für exorbitante Prämienerhöhungen genommen werden.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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