Mein Schritt in die Selbständigkeit
"Passt die eigene Praxis zu mir?"
Die Entscheidung steht: Dr. Robert Lübeck plant die Übernahme einer Praxis. Die Sorgen und Bedenken, die der Schritt in die Selbstständigkeit mit sich bringt, kennt er gut. Trotzdem dürfen Abrechnung und Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht abschrecken, meint er.
Veröffentlicht:Rückwirkend kann ich nicht sagen, wann genau die Entscheidung für die Übernahme einer eigenen Praxis gefallen ist – gefühlt kam für mich nie etwas anderes infrage. Im ersten Semester des Studiums musste ich im Rahmen des Fachs "Medizinische Psychologie und Soziologie" ein eintägiges Praktikum bei einem Hausarzt absolvieren und dazu einen Bericht verfassen. Dieser kurze Einblick gefiel mir so gut, dass Allgemeinmedizin fortan ganz oben auf meiner Liste für die Zukunft stand.
In meiner Familie gibt es keine Ärzte, aber mein Vater ist selbstständiger Steuerberater – die Selbstständigkeit als solche fand ich daher nie erschreckend. Dass die Allgemeinmedizin der schnellste und natürlichste Weg in die ärztliche Selbstständigkeit ist, hat mich in meiner Wahl noch bestärkt.
Auf die Frage, ob man nun angestellt oder doch lieber selbstständig sein will, gibt es meiner Meinung nach keine einzelne richtige Antwort. Es hängt von vielen Fragen und Faktoren ab, die jeder für sich beantworten muss. Selbstständigkeit bedeutet, sich örtlich für einen längeren Zeitraum festzulegen. Will ich das? Passt das mit den Plänen meines Lebenspartners, dem gemeinsamen Lebensentwurf zusammen? Bin ich bereit, einen Kredit aufzunehmen, um die Praxis zu finanzieren? Bin ich bereit, mich mit dem ganzen "Drumherum" – Abrechnung, Mitarbeiterführung, Praxismanagement – zu beschäftigen?
Anstellung schützt nicht vorm GBA
Man kann dieses "Drumherum" durchaus auch als interessant und bereichernd empfinden. Im Übrigen schützt die angestellte Tätigkeit als Vertragsarzt auch nicht davor, sich mit trockenen Richtlinien des GBA und Ähnlichem auseinanderzusetzen. Und die Finanzierung einer Praxis ist absolut überschaubar. Es gibt viele Formen der Niederlassung, allein, mit einem oder mehreren Partnern, mit oder ohne weitere angestellte Ärzte – alles hat seine Vor- und Nachteile.
Weder im Studium noch in der Facharztweiterbildung wird man jedoch auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte der eigenen Niederlassung vorbereitet. Eine gewisse Ausnahme ist hier sicherlich die Weiterbildung Allgemeinmedizin, da man zwei Jahre in einer Praxis verbringt und dort Abrechnungsformalitäten und Ähnliches zumindest ein wenig kennenlernt. Wirklich vorbereitet ist man so dennoch nicht. Für einen ersten Überblick bietet sich entsprechende Fachliteratur an, die kurz und knapp die wichtigsten Eckpunkte erläutert.
Was ich als besonders hilfreich empfunden habe, ist der "Werkzeugkasten Niederlassung" des Deutschen Hausärzteverbandes, eine Seminarreihe mit 13 unterschiedlichen Modulen. Diese haben Titel wie "Wieso, weshalb, warum? – Einstieg in die hausärztliche Praxis" oder "Nicht warten, starten! – Praxisfinanzierung und Versicherungen". Die Module wurden von jungen, frisch niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen entwickelt und adressieren genau die Probleme und Fragestellungen, die jeder in dieser Phase hat. Mir hat der Besuch dieser Seminare viel Mut gemacht und wichtige Denkanstöße gegeben. Zudem trifft man viele Kollegen in einer ähnlichen Phase, mit denen man sich austauschen kann.
"Spielregeln" muss man kennen
Begriffe wie Abrechnung, Regresse und Wirtschaftlichkeitsprüfung sollten einen nicht erschauern lassen. Logischerweise ist das Gesundheitssystem eigenen "Spielregeln" unterworfen, die man beherzigen sollte, um nicht zu verlieren. Hier zahlt sich eine gute Vorbereitung und Vernetzung aus – so ist man immer auf dem Laufenden und läuft nicht Gefahr, sich plötzlich größeren Rückzahlungsforderungen oder Ähnlichem gegenüber zu sehen. Kontrolle muss sein – die Ausgangslage, von der aus kontrolliert wird, ist aber sicherlich nicht immer optimal und muss kritisch hinterfragt werden. Trotz allem sind die Zwänge aber ganz andere als in der freien Wirtschaft, das sollte man sich immer wieder bewusst machen!
Die Selbstständigkeit im freien Arztberuf bietet sachliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit, ein gutes Ansehen und Einkommen und ist ein toller Weg der Selbstverwirklichung. Die Gelegenheit ist so gut wie lange nicht, also traut euch!
Dr. Robert Lübeck
Alter: 30
Aktuelle Position: Arzt in Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin, plant 2017 die Übernahme einer Einzelpraxis
Der "Werkzeugkasten Niederlassung" ist eine interaktive Seminarreihe des Deutschen Hausärzteverbandes. In 13 Modulen bekommen angehende Hausärzte Informationen rund um die eigene Praxis – und Gelegenheit zur Vernetzung.
Der "Werkzeugkasten Niederlassung" ist eine interaktive Seminarreihe des Deutschen Hausärzteverbandes. In 13 Modulen bekommen angehende Hausärzte Informationen rund um die eigene Praxis – und Gelegenheit zur Vernetzung.