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Pharma - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Auch wenn die deutsche Pharmaindustrie nicht mehr die Apotheke der Welt ist: Als Wirtschaftsfaktor spielt die Branche weiterhin eine wichtige Rolle für den Standort Deutschland.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Die Pharmabranche hat eine echte Drehscheibenfunktion. Jeder Arbeitsplatz in dieser Industrie ist Voraussetzung für weitere Arbeitsplätze in anderen Branchen. Zudem sind die Arbeitsplätze in der Branche hoch produktiv, und ein hoher Anteil der Produktion geht in den Export.
Wie sich die Zusammenhänge in einer Region darstellen, erläuterte Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), vor der Presse in Frankfurt am Beispiel Hessen (wir berichteten kurz in der App-Ausgabe). Hessen ist zusammen mit Baden-Württemberg einer der beiden Top-Standorte der deutschen Pharmaindustrie, erläuterte Dr. Jasmina Kirchhoff vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.
2013 seien fast 20.000 Menschen in der Branche beschäftigt gewesen, so Kirchhoff. Von den rund 11,8 Milliarden Euro Umsatz seien 72 Prozent in den Export gegangen. Rund 15 Prozent des Auslandsumsatzes, den das verarbeitende Gewerbe in Hessen erzielt habe, gehe auf das Konto von Pharma, so Kirchhoff weiter.
"Arzneimittel gehören damit zu den hessischen Exportschlagern." Die aktuellen Zahlen deuteten zudem in fast allen Bereichen auf Wachstum. Nicht zuletzt sei mehr als jeder fünfte in Forschung und Entwicklung beschäftigte Arbeitnehmer in der Pharma-Branche in Lohn und Brot.
Hessische Pharmaunternehmen forschen in allen Indikationsgebieten, die in der demografischen Entwicklung an Bedeutung gewinnen, erläuterte Birgit Fischer: Diabetes, Krebs, Antibiotika, Gelenkarthrose, Rheuma und Schmerz gehörten zu den Forschungsschwerpunkten.
Neue Arzneimittel tragen demnach dazu bei, diese Krankheiten besser zu managen. Fischer setzte sich dafür ein, Ausgaben für Arzneimittel eher als Investitionen in Gesundheit - und damit als Beitrag zu einer höheren Produktivität in der alternden Gesellschaft - zu sehen, nicht als Kostenfaktor.
"Für die forschende Pharmaindustrie ist immer die Frage, ob die Unternehmen im Produktlebenszyklus am Anfang die Erträge erwirtschaften können, die sie benötigen, um neu zu investieren und neue innovative Produkte zu entwickeln", sagte die vfa-Geschäftsführerin.
Erstattungspreise oft niedriger als in Vergleichsländern
In Deutschland ist das mittlerweile deutlich schwerer geworden: 42 Prozent der Erstattungspreise in Deutschland liegen laut vfa unter dem niedrigsten Vergleichspreis aus 15 europäischen Ländern, 84 Prozent der Preise unterhalb des europäischen Durchschnitts.
Als Folge sieht Fischer bereits heute Defizite bei der Versorgung mit innovativen Präparaten in Deutschland. In vielen Indikationen erhielten nur wenige Patienten - zum Teil weniger als jeder vierte Patient - die laut früher Nutzenbewertung für sie beste Medikation. "In den ersten Jahren profitieren maximal 50 Prozent der Patienten", so Fischer.
Der vfa setzt laut Fischer auf den jetzt neu initiierten Pharma-Dialog auf Bundesebene und auf ähnliche Initiativen in den Ländern - zum Beispiel das House of Pharma in Hessen. Dabei seien außer den Gesundheitsministerien auch Forschungs- und Wirtschaftsministerien beteiligt, ein interdisziplinärer Ansatz auch in der Politik.
"Gesundheitspolitische Entscheidungen des Bundes dürften nicht möglich sein ohne vorherigen Stresstest", so Fischer. Hessen habe sich beispielsweise auf verschiedenen politischen Ebenen eingebracht, um die eigenen Stärken in der Branche auch in Zukunft nutzen zu können.
Die vfa-Hauptgeschäftsführerin erinnerte auch daran, dass Deutschland mittlerweile weltweit die Nummer 2 in klinischer Forschung sei, nach den USA. "Fast jedes Medikament, das hierzulande auf den Markt kommt, wurde zuvor schon hier erprobt."
Das gesamte Wissen, das mit der Entwicklung eines neuen Arzneimittels zusammenhängt, "steht hier als Wissensschatz bereits zur Verfügung, etwa Erfahrungen mit Wechselwirkungen, davon profitiert auch die medizinische Versorgung", sagte Fischer. (ger)