Krankenhaustag

Polikliniken als neuer Ansatz für Integrierte Versorgung?

Die Krankenhäuser reklamieren einen größeren Teil der ambulanten Versorgung für sich. Beim 43. Deutschen Krankenhaustag schlagen die Klinikdirektoren vor, Polikliniken zu etablieren, in denen Patienten eine integrierte Versorgung „ohne Zeitverluste“ bekommen.

Von Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Noch stehen Intensivbetten leer. Aber der nächste Schutzschirm mit Freihaltepauschalen für Kliniken soll diese Woche bereits beschlossen werden.

Noch stehen Intensivbetten leer. Aber der nächste Schutzschirm mit Freihaltepauschalen für Kliniken soll diese Woche bereits beschlossen werden. (Archivbild)

© Jonas Güttler / dpa / picture alliance

Düsseldorf. Krankenhäuser sollen die Möglichkeit erhalten, Polikliniken für die ambulante Patientenversorgung zu etablieren. Das fordert der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD).

Sie wären sinnvoll, um den Patienten „ohne Umwege und Zeitverluste“ eine integrierte Versorgung zu bieten, so VKD-Präsident Dr. Josef Düllings bei der Eröffnung des 43. Deutschen Krankenhaustages am Montag, der dieses Jahr – wie die Medizinmesse Medica – ausschließlich digital stattfindet.

In den vergangenen Jahren hätten die Krankenhäuser zunehmend Aufgaben übernommen, die eigentlich ins System der Kassenärztlichen Vereinigungen gehören, begründete Düllings den Vorstoß. Als Beispiele nannte er die ambulante Notfallversorgung und die Corona-Testung. „Aus meiner Sicht sollte der Gesetzgeber, auch wenn er sich damit schwertut, Polikliniken als Form der ambulanten Versorgung zulassen.“

Rettungsschirm 2.0 in Arbeit

„Die Coronakrise zeigt, dass die Krankenhäuser in Deutschland der Anker einer hervorragenden Krankenversorgung sind und letztlich die Sicherstellung leisten.“ Die Pandemie habe verdeutlicht, wie sinnvoll das System der gestuften Krankenhausversorgung ist. Es dürfe nicht durch die von manchen Gutachtern empfohlene Fokussierung auf die Maximalversorger gefährdet werden. „Das gestufte Versorgungssystem rettet uns aktuell und sollte erhalten werden“, so Düllings.

In einer Grußbotschaft lobte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den enormen medizinischen und pflegerischen Einsatz in den Kliniken während der Pandemie. „Wir alle machen die Erfahrung, dass wir uns auf unsere Krankenhäuser verlassen können.“ Die Politik werde sie unterstützen, wo sie nur könne, versprach Spahn. „Wir werden Maßnahmen einleiten, dass niemand wirtschaftlichen Schaden hat, der sich vorbereitet und sich um die Behandlung von COVID-19-Patienten kümmert.“

Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft Dr. Gerald Gaß begrüßte, dass der „Rettungsschirm 2.0“ noch in dieser Woche verabschiedet werden soll. Vorgesehen sind erneut Freihaltepauschalen für Kliniken, die Kapazitäten für die Versorgung von COVID-19-Patienten reservieren. Sie sollen zielgerichteter eingesetzt werden als im Frühjahr.

Wir werden den Ausnahmezustand nicht mit Detailvorgaben vom Bund gestalten können.

Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft beim 43. Deutschen Krankenhaustag

Gaß forderte mehr Handlungsfreiheit für die Bundesländer. „Wir werden den Ausnahmezustand nicht mit Detailvorgaben vom Bund gestalten können.“ Die neuen Regeln sollen zunächst bis zum 31. Januar 2021 befristet werden. „Wir brauchen Regelungen für das gesamte Jahr 2021“, stellte Gaß klar.

Alle Krankenhäuser würden von Fallzahlrückgängen betroffen sein, müssten massiven Infektionsschutz betreiben und müssten zugleich mit Personalausfällen infolge Erkrankungen rechnen. „Die Krankenhäuser brauchen Planungs- und Handlungssicherheit.“

Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbands der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands, zeigte sich besorgt, dass der Schutzschirm vor allem auf Kliniken der Versorgungsstufe II (erweiterte Notfallversorgung) und der Stufe III (umfassende Notfallversorgung) ausgerichtet ist.

„Nicht dass das schon der Vorbote einer neuen Krankenhaus-Strukturbereinigung ist!“, warnte er. Die kleinen Häuser in der Region dürften bei der anstehenden Klinikreform auf keinen Fall unter die Räder kommen.

Mehr Verantwortung für Pflegende

Kongresspräsidentin Dr. Sabine Berninger, Pflegedirektorin am KJF – Klinik Josefinum Augsburg, mahnte einen „Masterplan für die Pflege“ an. „Politik und Pflegeverbände müssen jetzt gemeinsam einen Plan für die Zukunft der Pflege entwickeln“, forderte sie.

Dabei müsse es um Fragen wie Ausbildung, Unterstützung der Pflegenden im Alltag, Neuorganisation der Aufgaben und Digitalisierung zur Entlastung von Bürokratie gehen.

„Wir Pflegenden brauchen mehr Solidarität aller im Team Gesundheit“, sagte Berninger. Ärzte und Pflegefachkräfte dürften sich nicht auseinanderdividieren lassen. Pflegende wollten Verantwortung übernehmen, betonte sie. „Wir benötigen Vertrauen in unsere Kompetenzen. Wir erwarten in Zukunft keine Delegation, sondern die eigenverantwortliche Übernahme von pflegerischen Aufgaben.“

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