Urteil

Privatversicherte im Notlagentarif müssen schneller in die Apotheke

Landgericht Augsburg bestätigt: Versicherer dürfen im Notlagentarif festlegen, dass die Erstattung verschreibungspflichtiger Arzneimittel nur möglich ist, wenn diese innerhalb von zehn Tagen in der Apotheke abgeholt werden.

Veröffentlicht:
Privatversicherte im Notlagentarif müssen Rezepte innerhalb von zehn Tagen in der Apotheke einlösen.

Privatversicherte im Notlagentarif müssen Rezepte innerhalb von zehn Tagen in der Apotheke einlösen.

© Monika Skolimowska / dpa / picture alliance

Augsburg. Privatversicherte im Notlagentarif dürfen sich bei der Einlösung eines ärztlich verordneten Arzneimittels nicht zu viel Zeit lassen. Der Krankenversicherer muss bei diesem Sozialtarif nur solche verschreibungspflichtigen Arzneimittel erstatten, die zur akuten Behandlung erforderlich waren und innerhalb einer Frist von zehn Tagen ab Verschreibungsdatum in der Apotheke bezogen wurden, entschied das Landgericht Augsburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 10.April 2024.

Der privatversicherte Kläger war mit seinen Versicherungsbeiträgen im Rückstand. Er rutschte daher in den Notlagentarif. Nach den geltenden Versicherungsbedingungen werden brancheneinheitlich dann nur erforderliche Aufwendungen akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erstattet.

Beschränkung auf „unerlässliches Mindestmaß“

Als bei dem Kläger eine chronisch lymphatische Leukämie diagnostiziert wurde, verschrieb ihm sein Arzt am 10. Februar 2019 ein Medikament mit dem Wirkstoff Ibrutinib. Der Versicherte ließ sich bei der Abholung des Krebsarzneimittels in der Apotheke Zeit. Erst am 15. März 2019 löste er das Rezept ein.

Die Krankenversicherung lehnte die Erstattung der Kosten in Höhe von 8.516 Euro mit Verweis auf die Versicherungsbedingungen ab. Im Notlagentarif müsse das Arzneimittel innerhalb von zehn Tagen nach der ärztlichen Verschreibung abgeholt werden. Dies sei hier nicht geschehen.

Dies bestätigte das Landgericht. Die Leistungen für säumige Beitragszahler im Notlagentarif sollen nach dem Willen des Gesetzgebers auf ein „unerlässliches Mindestmaß“ beschränkt werden. Die Versicherer hätten daher regeln dürfen, dass die Erstattung verschreibungspflichtiger Arzneimittel nur möglich ist, wenn diese innerhalb von zehn Tagen in der Apotheke abgeholt werden. Werde das Medikament nicht innerhalb dieser Frist bezogen, sei der Erkrankungs- und Schmerzzustand offensichtlich nicht so schwerwiegend gewesen, dass dessen Einnahme unerlässlich war. (fl)

Urteil des Landgerichts Augsburg, Az.: 095 O 1366/20

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Außergerichtliche Streitschlichtung

Die PKV-Schlichtungsstelle hatte 2024 mehr zu tun

Kommentare
Lilith Engel 31.07.202418:44 Uhr

Einerseits finde ich die Regelung und das Urteil allgemein gesehen verständlich.
Allerdings ist die Begründung, dass bei der Diagnose chronisch lymphatische Leukämie "der Erkrankungs- und Schmerzzustand offensichtlich nicht so schwerwiegend gewesen [sei], dass dessen Einnahme unerlässlich war" ganz schön zynisch.
Aus dem Text geht hervor, dass der Kläger am 10. Februar 2019 die Diagnose erhielt und am selben Tag das Rezept ausgestellt wurde.
Wenn man eine Krebsdiagnose erhält, zieht einem das erstmal den Boden unter den Füßen weg und bis man das realisiert hat, können weit mehr als 10 Tage vergehen! In diesem besonderen Fall hätte imho großzügiger entschieden werden können und sollen.

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

REDUCE-AMI und ABYSS

Betablocker nach Herzinfarkt – so steht es um die Evidenz

Schlecht für die Augen?

„Gutes" HDL-Cholesterin offenbar mit erhöhtem Glaukomrisiko assoziiert

Parallelen zum Leistungssport

Höhere Anspannung vor der Operation führt offenbar zu besserem Ergebnis

Lesetipps
Personen greifen nach einer Angel mit Geldscheinen.

© mitay20 / stock.adobe.com

FAQ zum Zuschuss für angehende Ärzte

Weiterbildung: So kommen Sie an die Facharzt-Förderung

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung