Leibesvisitation im Job

Psychische Folgen gelten als Arbeitsunfall

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DARMSTADT. Psychische Folgen einer ungerechtfertigten Leibesvisitation gelten als Arbeitsunfall, wenn die Durchsuchung allein auf die berufliche Tätigkeit zurückgeht. Entsprechend gilt dies auch für Gesundheitsschäden durch andere beruflich veranlasste polizeiliche Maßnahmen, wie nun das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt entschied (Az.: L 3 U 70/14).

Es gab damit einer Bahn-Mitarbeiterin recht. Sie arbeitete am Service-Point des Fernbahnhofs am Frankfurter Flughafen. Während ihrer Tätigkeit übergab ihr die Bahnsteigaufsicht einen Rucksack, dessen Inhalt sie im Beisein eines Kollegen dokumentierte. Später fehlten dann aber Geld, Schmuck und eine Computer-Festplatte aus dem Rucksack. Beamte der Bundespolizei nahmen sie mit auf das Polizeirevier. Dort musste sie sich einer Leibesvisitation unterziehen und hierfür komplett entkleiden.

Als Folge dieser unnötigen und entwürdigenden Maßnahme entwickelte sich bei der 44-Jährigen eine psychische Erkrankung. Die Unfallversicherung Bund und Bahn wollte dies nicht als Arbeitsunfall anerkennen. Die polizeiliche Kontrolle sei eine private Angelegenheit gewesen, die den Unfallversicherungsschutz unterbrochen habe.

Wie nun das LSG entschied, muss die Unfallversicherung hier jedoch einen Arbeitsunfall anerkennen. Private Handlungen hätten bei der Leibesvisitation keinerlei Rolle gespielt. Auslöser und Anlass sei "allein die berufliche Tätigkeit der Bahn-Mitarbeiterin gewesen". Dieser Tätigkeit sei sie auch vorschriftsgemäß nachgegangen. Auch handele es sich bei solchen polizeilichen Maßnahmen um ein "von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis".

Gesundheitsschaden liegt vor

 Laut Gesetz ist es Voraussetzung für einen Arbeitsunfall, dass ein solches äußeres Ereignis zu einem Gesundheitsschaden führt. Hier hätten "die ungerechtfertigten Maßnahmen der Polizei (…) unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht geführt". Daher liege ein Gesundheitsschaden vor. Ursache sei die berufliche Tätigkeit gewesen. Die Richter betonten allerdings, dass dies nicht automatisch für jede polizeiliche Maßnahme gilt.

Kein Unfallschutz würde danach etwa bestehen, wenn Arbeitnehmer sich bei einer Dienstfahrt oder auf dem Weg zur oder von der Arbeit einer Verkehrs- oder Fahrkartenkontrolle entziehen wollen und deshalb polizeilichem Zwang ausgesetzt werden.(mwo)

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