Kommentar zum Medizinklimaindex
Raus aus dem Stimmungstief
Die gestiegenen Werte des Medizinklimaindex zeigen zwar eine verbesserte Stimmung unter Ärzten. Von echter Feierlaune ist das Gesundheitswesen aber noch weit entfernt.
Veröffentlicht:Täglich gibt es neue Rekorde bei den positiv Getesteten, die Belegung der Intensivbetten steigt, Politiker suchen nach einer einheitlichen Linie und appellieren an eine Bevölkerung, die den Ernst der Lage nicht in vollem Umfang wahrhaben will: Von einer Feierlaune ist das deutsche Gesundheitswesen im Herbst 2020 weit entfernt.
Wie passen da die sprunghaft gestiegenen Werte des Medizinklima-Index (MKI) ins Bild? Erstmals seit drei Jahren bewegt sich dieser Wert wieder im Plusbereich. Ist die Stimmung in den Praxen jetzt plötzlich besser als vor Corona – beziehungsweise war sie dies zum Zeitpunkt der Erhebung im September?
Zum einen müssen die Unterschiede zwischen den einzelnen befragten Gruppen beachtet werden.
Bessere Stimmung als im Mai
Die Stimmung unter Haus- und Fachärzten ist deutlich moderater als die von Zahnärzten und Psychotherapeuten. Das verwundert nicht – Haus- und Fachärzte tragen die Hauptlast der Versorgung und erleben hautnah, wenn es Menschen wegen COVID-19 schlecht geht – und auch, was die Pandemie für die Praxisführung bedeuten kann.
Dass dennoch auch unter Haus- und Fachärzten eine deutlich verbesserte Stimmung als im Mai zu verzeichnen ist, lässt sich mit den veränderten Rahmenbedingungen erklären.
Medizinklimaindex
Stimmung der Ärzte hellt sich auf
In der ersten Pandemiewelle war Deutschland – trotz der Vergleiche mit Nachbarländern – nicht auf alles vorbereitet. Schutzmaterial war nicht erhältlich, man wusste weniger als heute über das Virus, und der Lockdown führte zu einem umfassenden Stimmungstief in Deutschland.
Die MKI-Werte sind damit kein Zeichen von Euphorie, sondern eher getragen von der Erkenntnis, dass einige der anfänglichen Probleme aus dem Frühjahr heute beherrschbar erscheinen. Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass dank der Schutzschirme nur wenige Praxen hohe finanzielle Einbußen erlitten haben.
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