Mittelhessen

Region stellt sich hinter DRK-Krankenhaus in Biedenkopf

Grundversorger und Lehrkrankenhaus in strukturschwacher Region: Das DRK-Klinikum Biedenkopf steht auf der Kippe. Nun machen Politik und Ärzteschaft mobil, um das Haus zu retten.

Von Gesa Coordes Veröffentlicht:
Weder marode noch am Bedarf vorbei. Nur finanziell ist das DRK-Krankenhaus im mittelhessischen Biedenkopf nicht nachhaltig genug aufgestellt.

Weder marode noch am Bedarf vorbei. Nur finanziell ist das DRK-Krankenhaus im mittelhessischen Biedenkopf nicht nachhaltig genug aufgestellt.

© DRK-Krankenhaus Biedenkopf

Marburg. Um das DRK-Krankenhaus im mittelhessischen Biedenkopf zu retten, stellt sich eine gesamte Region hinter die Klinik: Rund 67.000 Menschen haben eine Online-Petition an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterschrieben, in der sie den Erhalt des Standorts fordern. Das „Praxisnetz Ärzte der Region“ appelliert an den hessischen Sozialminister, weil es um die wohnortnahe Versorgung fürchtet. Und die acht Bürgermeister aus dem Marburger Hinterland haben sich nun an den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein gewandt. Das DRK-Krankenhaus sei nicht nur Grundversorger in der Region, sondern auch ein „unverzichtbarer Notfallstandort“. Zudem sei es wirtschaftlicher, die Klinik zu erhalten als die Kapazitäten andernorts aufzubauen, argumentiert Biedenkopfs Bürgermeister Jochen Achenbach.

Das 113-Betten-Haus mit seinen mehr als 300 Beschäftigten ist von der Schließung bedroht, weil der DRK-Kreisverband Biedenkopf im September vergangenen Jahres Insolvenz anmelden musste. Ursache für die wirtschaftliche Schieflage des DRK-Kreisverbandes ist eine Unterfinanzierung der Klinik, die zugleich Lehrkrankenhaus für die Marburger Philipps-Universität ist. Davon betroffen sind aber auch zwei Altenpflegeeinrichtungen sowie die ambulante Pflege in Biedenkopf, sodass insgesamt 380 Menschen um ihre Jobs fürchten.

Nur noch bis Ostern finanziert.

Nach Auskunft des Kreisverbandes ist der Betrieb des Krankenhauses nur noch bis Ostern gesichert. In dieser Zeit soll ein Sanierungsplan vorgelegt und mit der Gläubigerversammlung abgestimmt werden. Voraussichtlich werden der DRK-Vorstand und die Bürgermeister der Region am 13. März auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach treffen, um ihm die Petition persönlich zu übergeben. Als der Gesundheitsminister im Herbst in Marburg war, zeigte er sich überzeugt, dass die von seinem Ministerium geplante große Krankenhausreform der Klinik helfen wird: „Aus meiner Sicht ist das ein Haus mit einer sehr guten Perspektive“, sagte er damals.

Die Bürgermeister hoffen nun auf eine Brückenfinanzierung, „um eine kalte Strukturbereinigung in der Krankenhauslandschaft vor Umsetzung der Krankenhausreform zu verhindern“. Dabei setzen sie auch auf den vor wenigen Wochen geschlossenen Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU, der eine gute Versorgung vor allem im ländlichen Raum verspricht.

Wenn das rund 80 Jahre alte Krankenhaus geschlossen wird, drohen den Patientinnen und Patienten weite Wege. Die nächsten Kliniken in Marburg und Frankenberg sind mindestens 40 Minuten entfernt und zum Teil überlastet. Allein über die zentrale Notaufnahme in Biedenkopf würden 4400 Patienten pro Jahr aufgenommen, berichten die Bürgermeister. Davon kommen 2600 mit dem Rettungsdienst.

Breites Belegarztspektrum

Die wirtschaftliche Schieflage des DRK-Kreisverbandes erklären sie sich unter anderem damit, dass das Belegarztsystem in den Standards für Sicherstellungszuschläge unberücksichtigt bleibe. Im DRK-Krankenhaus sind sechs große fachärztliche Praxen aus den Bereichen Kardiologie, Pneumologie, Gastroenterologie, Urologie, Chirurgie, Orthopädie und Gynäkologie tätig. „Das System hat sich durch kurze Wege und eine hohe Qualität bewährt“, sagt Bürgermeister Achenbach.

Das betonen auch die 43 Ärzte, die sich länderübergreifend aus dem hessischen Hinterland und dem nordrhein-westfälischen Wittgenstein im „Praxisnetz Ärzte der Region“ zusammengeschlossen haben: „Das Krankenhaus mit seinen überwiegend belegärztlich geführten Stationen ist für unsere Patienten besonders wichtig, weil bei deren Versorgung vor, während und nach dem stationären Aufenthalt immer derselbe Facharzt für die Behandlung zuständig ist“, schreiben sie.

Zudem sei es eine wichtige Anlaufstelle für den Rettungsdienst. Zusätzlich drohe nun auch im benachbarten Wittgenstein der Vamed-Klinik Bad Berleburg das wirtschaftliche Aus – dort wird die Abteilung für Orthopädie in diesem Jahr geschlossen. „Es ist uns unerklärlich, warum bestens funktionierende Krankenhäuser derart gefährdet werden“, heißt es in dem Schreiben der Ärzte weiter. Ihre Idee: Die Klinik mit ihrem Belegarztsystem könnte zum Modell-Krankenhaus mit Sonderstatus werden.

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