Virtuelles Krankenhaus
Revolution in der Medizin-Versorgung?
NRW-Gesundheitsminister Laumann hat genug von Digitalisierungsprojekten, die im Sand verlaufen. Jetzt soll das Land als bundesweiter Vorreiter das große Rad drehen.
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Die digitale Plattform soll Expertise bündeln und Kliniken und Praxen zugänglich machen.
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DÜSSELDORF. Mit der Errichtung eines virtuellen Krankenhauses will das Land Nordrhein-Westfalen die Patientenversorgung auf eine neue Stufe heben. Die digitale Plattform soll die Expertise von medizinischen Spitzenzentren bündeln und sie Kliniken sowie niedergelassenen Ärzten zugänglich machen. „Die Digitalisierung gibt uns die große Chance, das Wissen, das es nicht an jedem Standort gibt, überall verfügbar zu machen“, sagte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Freitag vor Journalisten in Düsseldorf.
Nach seiner Meinung muss endlich Schluss sein mit der Fülle an digitalen Einzelprojekten, die nach dem Ende der Förderung meist im Sand verlaufen. „Karl-Josef Laumann hält nur etwas von Strukturen, nicht von Projekten“, betonte er. Genau diese Strukturen soll das virtuelle Krankenhaus schaffen: für den Austausch behandlungsrelevanter Patientendaten über elektronische Akten, für Telekonsile, elektronische Visiten oder Videosprechstunden.
Das Land ist Eigentümer des virtuellen Krankenhauses und wird für die Aufbauphase pro Jahr zwei Millionen Euro zur Verfügung stellen. „Wir werden die telemedizinische Förderung auf dieses Konzept konzentrieren“, kündigte der Minister an.
Vergütungsverhandlungen sollen Juni 2020 starten
Das virtuelle Krankenhaus wird im kommenden Jahr in den neuen Landeskrankenhausplan aufgenommen. Dann müsse es mit den Krankenkassen verhandeln wie ein analoges Haus, sagte er. „Wir reden dann nicht über Betten und DRG, sondern über Beratungsleistungen.“ Die neuen ärztlichen Leistungen sollen in die Regelversorgung aufgenommen werden. Die Kassen stünden dem Konzept grundsätzlich positiv gegenüber, berichtete Laumann. Die Vergütungsverhandlungen werden voraussichtlich im Juni 2020 aufgenommen. Bis dahin sollen die Eckpfeiler für das virtuelle Krankenhaus stehen.
Ein Gründungsausschuss soll in den nächsten Monaten die ersten Fachbereiche für die Plattform definieren und festlegen, welche Kliniken sich jeweils einbringen können. Ein Fokus sollte nach den Vorstellungen Laumanns auf seltenen Erkrankungen liegen. Wichtig sei die Organisation des Zugangs, damit nur die Fälle in dem virtuellen Krankenhaus landen, bei denen die Patienten tatsächlich von der Expertise profitieren. Der Gründungsausschuss soll auch organisatorische, rechtliche und finanzielle Aspekte festzurren. Dazu gehöre die Zusammenarbeit zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten, sagte Lutz Stroppe.
Der ehemalige Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium ist eines der Mitglieder im Gründungsausschuss. „Es gibt viele datenschutzrechtliche Fragen, die für den Austausch geklärt werden müssen.“ Stroppe bezeichnete das virtuelle Krankenhaus als „großen Wurf“.
Es wird dazu beitragen, den Menschen die Angst vor der Digitalisierung zu nehmen und sie von ihren Vorteilen zu überzeugen, hofft Laumann. „Es kann ein schönes Beispiel sein, wie man die Digitalisierung für ein besseres Leben der Menschen nutzen kann.“ Mit der erfolgreichen Umsetzung des virtuellen Krankenhauses wird NRW eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen, glaubt der Landesminister.
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