Heilberufler in der Pandemie
Rückläufige Umsätze und Investitionen, aber mehr Arbeit
Eine hohe Bereitschaft, auch in der Krise zu helfen, aber zugleich ein hohes Maß an Kritik an den Entscheidungsträgern in der Pandemie. Einige überraschende Ergebnisse brachte die zweite Umfrage der apoBank zu Heilberuflern in der Pandemie.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Der Blick ist übers Jahr kritischer geworden. Die lange Zeit im Lockdown in diesem Frühjahr hat bei den Heilberuflern Spuren hinterlassen und offenbar Zweifel wachsen lassen, ob die Maßnahmen, die staatlicherseits ergriffen wurden, angemessen waren und schnell genug umgesetzt wurden.
Darauf deuten die Ergebnisse der zweiten Befragung „Heilberufler in der Pandemie“ hin, die die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) unter Ärzten, Zahnärzten und Apothekern von Anfang April bis Anfang Mai erhoben hat. Zu dieser Zeit befand sich Deutschland noch mitten im monatelangen Lockdown, und die Impfungen in Praxen hatten gerade erst begonnen.
Das Bild, das die Umfrageergebnisse zeichnen, ist alles andere als einheitlich, aber es überwiegen die skeptischen Stimmen:
Wirtschaftliche Auswirkungen: Verglichen mit der Zeit vor Corona melden 44 Prozent der Umfrageteilnehmer rückläufige Umsätze von Praxis oder Apotheke, 60 Prozent aber sagen, ihr Arbeitspensum sei trotzdem gestiegen. Fast drei von zehn Hausärzten haben in den vergangenen zwölf Monaten Ausgleichszahlungen durch die KV beantragt, bei Fachärzten sind es sogar 35 Prozent. 18 Prozent der Hausärzte und sieben Prozent der Fachärzte planen, dies zu tun. Interessanter Nebenaspekt: Für 50 Prozent der Hausärzte, die teilnahmen, hatte der erste Lockdown, die stärksten Folgen, für die andere Hälfte war es der zweite. Dabei meinen drei von fünf Umfrageteilnehmern, die beschlossenen Rettungsschirme und Hilfsmaßnahmen seien nicht ausreichend, bei den Zahnärzten sind es sogar 76 Prozent. 28 Prozent der Umfrageteilnehmer hatten zeitweise auf Kurzarbeit umgestellt, wobei hier die Zahnärzte klar am stärksten reagiert haben (56 Prozent). Fast 50 Prozent sagen, die geplanten Investitionen in die Praxis oder Apotheke seien rückläufig. Andererseits war die Aussetzung bestehender Kredite zum Zeitpunkt der Umfrage bei kaum einem Heilberufler ein Thema (drei Prozent) und nur zehn Prozent haben Mitarbeiter entlassen.
Gesellschaftliche Auswirkungen: Rund 80 Prozent der Haus- und Fachärzte schätzen die gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie als (sehr) hoch ein. Entgegen der Erwartung stimmen nur 16 Prozent aller Teilnehmer der Aussage zu, das gesellschaftliche Ansehen ihres Berufsstandes werde gesteigert, 37 Prozent stimmen nicht zu.
Politische Einordnung: Nur zehn Prozent der Teilnehmer nehmen die Vertretung ihrer berufspolitischen Interessen als ausreichend wahr, 76 Prozent tun dies ausdrücklich nicht. Die Reaktionszeit und der Umfang der staatlichen Maßnahmen werden von fast zwei Dritteln nicht als ausreichend empfunden, bei Hausärzten sind dies sogar 72 Prozent. Drei von fünf Teilnehmer fühlen sich nicht rechtzeitig und umfänglich über neue politische Vorgaben informiert. 78 Prozent empfinden den Zeitplan und Umfang der Test- und Impfstrategie nicht als angemessen.
Herausforderungen für Praxisteams: Trotz aller Kritik bleibt die Bereitschaft der Heilberufler, sich zu engagieren, hoch. Nur neun Prozent griffen zu der Maßnahme einer vorübergehenden Schließung der Praxis oder Apotheke. Und 46 Prozent aller Heilberufler gibt sich bereit für eine Beteiligung an der Impfkampagne. Bei Hausärzten sind es sogar 87 Prozent, die in der Praxis impfen wollen – und das, obwohl ebenso viele Patientenanfragen als besonders herausfordernd empfinden und 71 Prozent die Test- und Impfstrategie. Die aktuellen Reaktionen der Ärzte auf die Impfkampagne nach Aufhebung der Priorisierung zeigen, dass die Einschätzung zum Zeitpunkt der Umfrage realistisch war.
Die Kritik der Hausärzte sei deutlich am lautesten ausgefallen, ordnet Ramona Krupp, Prokuristin Gesundheitsmärkte und -politik der apoBank, die Ergebnisse ein. Sie hätten sich offensichtlich am stärksten geärgert, dass sie lange beim Impfen außen vor geblieben seien. „Die Bereitschaft zu helfen war und ist sehr hoch“, so Krupp. Hausärzte seien auch die aktivsten beim Ausbau digitaler Behandlungsmethoden, um den Praxisbetrieb aufrecht zu erhalten. Für 49 Prozent der Hausärzte sei dies eine Option, berichtet Krupp.