Junge Ärzte

Sauer über zu viele Überstunden

"Überstunden - das ist doch kostenlose Fortbildung!" Unter diesem provokanten Slogan sammelt der Hartmannbund die Erfahrungen von Assistenzärzten zur Dokumentation der Arbeitszeit. Das Ergebnis sind viele drastische Berichte.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Welche Inhalte regelt der Vertrag - und müssen Überstunden dokumentiert werden? Beratung ist oft nötig.

Welche Inhalte regelt der Vertrag - und müssen Überstunden dokumentiert werden? Beratung ist oft nötig.

© sepy / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Über 60 unbezahlte Überstunden, keine Dokumentation der Arbeitszeit und Tumorkonferenzen, die weit nach der Dienstzeit beginnen: Die vielen Ärgernisse rund um die Arbeitszeit, die Assistenzärzte in Kliniken erleben, dokumentiert derzeit der Hartmannbund (HB) auf seiner Website.

Dort haben bereits knapp 900 junge Ärzte ihren Unmut über die aus ihrer Sicht schlechten Arbeitsbedingungen in Kliniken und in ihrer Weiterbildung geäußert: "Meine Arbeitszeit endet laut Arbeitsvertrag um 16.30 Uhr, aber mein Chef meint, dass ich erst ab 18 Uhr Überstunden aufschreiben solle oder darf" heißt es in einer Zuschrift.

Eine andere Aussage: "In den meisten Kliniken werden die Überstunden bei Anfängern gekürzt oder gar komplett gestrichen. Man wird nur mit der Anmerkung vertröstet, es sei ja alles Lernprozess."

HB-Chef macht Nachwuchs Mut

Den Ärger der jungen Ärzte kann der HB-Vorsitzender Dr. Klaus Reinhardt gut nachvollziehen. Er spricht ihnen Mut zu: "Angesichts des spürbaren Mangels an jungen Ärztinnen und Ärzten an den Kliniken und vor dem Hintergrund, dass viele Krankenhäuser gerade Assistenzärzte dringend suchen, können und sollten die jungen Kolleginnen und Kollegen heute mutiger sein und ihre Vorstellungen klar formulieren", sagte Reinhardt im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

"Der Anspruch auf planbare Arbeitszeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit ist völlig in Ordnung. Das sollten die Assistenzärzte ihren Chefs in angemessener Art und Weise ruhig auch deutlich machen."

Doch viele Assistenzärzte sehen darin offenbar keine Option: "Wir an unserer Klinik werden angehalten, keine Überstunden zu dokumentieren", schreiben einige.

Andere sehen sich einem gewissen unsichtbaren Druck ausgesetzt: "Wenn die Vorgesetzten das lesen, dann setzen sie die Assistenten, die schon viel arbeiten, noch mehr unter Druck. Also lieber viele Stunden arbeiten, keine Pausen, in der Bereitschaft und auch nachts fast wie im Regeldienst arbeiten und kaum Ruhezeiten - aber dafür keinen zusätzlichen Stress" schreibt ein junger Mediziner auf der Website des Hartmannbundes.

Ärzteverband berät

Der Ärzteverband berät in diesen arbeitsrechtlichen Fällen die Mitglieder. Nach der Erfahrung des Verbandes nehmen diese Fragen kontinuierlich zu - besonders im Zusammenhang mit den Rechten von Schwangeren vor und nach dem Mutterschutz.

"Dabei geht beispielsweise um Fragen, wie sich eine Schwangerschaft auf die Probezeit und die Befristung des Arbeitsvertrages auswirkt", heißt es vom Hartmannbund.

HB-Vorstizender Reinhardt will mit der Aktion auf die Überstundenproblematik aufmerksam machen und damit auch für ein neues Verständnis zwischen den Ärztegenerationen werben: "Im Interesse aller Beteiligten brauchen wir beim Thema Arbeitszeit einen Kulturwandel - vor allem auch im Verhältnis zwischen leitenden Ärzten und der jungen Ärztegeneration."

Lesen Sie dazu auch: Hartmannbund-Chef: "Junge Ärzte sollten mutiger sein"

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