Verfügungsrecht

So bleibt die Familie nicht mittellos zurück

Viele Bürger glauben fälschlicherweise, dass Ehepartner im Notfall automatisch Zugriff auf die gegenseitigen Konten haben. Das ist ein weitverbreiteter Irrtum. Über eine Vollmacht lässt sich das Verfügungsrecht aber regeln.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Ob durch Unfall oder Krankheit: Wer nicht selbst handeln kann, sollte eine Vollmacht erteilt haben.

Ob durch Unfall oder Krankheit: Wer nicht selbst handeln kann, sollte eine Vollmacht erteilt haben.

© Nelos/stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Generalvollmacht, Bankvollmacht, Verwaltungsvollmacht – ohne Verfügungsrecht für Dritte kommt kein Anleger heute mehr aus. Sei es, damit Ehe- oder Lebenspartner oder ein Verwandter für ihn Geld abheben oder eine anfallende Überweisung tätigen kann, während er als Patient in einem Krankenhaus liegt.

Sei es, damit ein Vermögensverwalter für einen Arzt die Kapitalanlage regelt, während der Mediziner seinem anstrengenden Beruf nachgeht.

Viele verheiratete Paare mit getrennten Konten haben sich gegenseitig keine Vollmacht ausgestellt. Sie meinen, dass der Ehepartner automatisch Zugang zu ihrem Geld hat, Abhebungen vornehmen und Überweisungen tätigen kann, sollten sie dies einmal nicht selbst erledigen können.

Vollmacht über den Tod hinaus

„Das ist jedoch ein weitverbreiteter Irrtum, der im Ernstfall dramatische Konsequenzen haben kann“, sagt Thomas Neumann, Geschäftsführer der bestadvice Vermögenstreuhand in Irschenberg. Hat nur der Alleinverdiener Zugriff auf das Konto, stünden Ehepartner und Kinder ohne Geld da, wenn dieser beispielsweise durch einen Verkehrsunfall so schwer verletzt wird, dass er ins künstliche Koma verlegt werden muss.

Dabei sollten Ehepartner einander gegenseitig nicht nur eine Vollmacht zu ihren Konten geben, sondern diese auch „über den Tod hinaus erteilen“, sagt sagt Maik Bolsmann, Geschäftsführer der B&K Vermögen in Köln.

Ansonsten hat der Partner des Verstorbenen solange keinen Zugriff auf das Vermögen, bis der Erbschein ausgestellt ist. Singles können einem Verwandten oder einer anderen Vertrauensperson eine Vollmacht gewähren, so Neumann. „Dann sind diese in der Lage, die Angelegenheiten des Verstorbenen in seinem Sinne zu regeln.“

Drei Varianten von Vollmachten

Es gibt drei wesentliche Varianten von Vollmachten. „Die Generalvollmacht ist dabei die umfassendste“, sagt Neumann. „Mit ihr werden eine oder mehrere Personen bestimmt, die den Vollmachtgeber in allen rechtlichen und persönlichen Lebensbereichen vertreten können.“

Für ein Paar mit minderjährigen Kindern kann es sinnvoll sein, eine Generalvollmacht über den Tod hinaus an die eigenen Eltern oder Schwiegereltern zu erteilen. Dann können diese sich sofort um die Enkelkinder und weiteren Besitz wie etwa eine Immobilie kümmern, sollten Mutter und Vater bei einem Unfall schwer verletzt werden oder sterben.

Generalvollmacht oft im Original nötig

Ältere Paare wiederum können einem oder mehreren Kindern eine solche Generalvollmacht geben. Insbesondere dann, wenn sich abzeichnet, dass einer der beiden Partner bald nicht in der Lage ist, Geldangelegenheiten allein zu regeln.

„Sobald es um Bankgeschäfte geht, muss eine Generalvollmacht zwingend im Original vorgelegt werden“, sagt Bolsmann. Um bei der Abfassung keinen Fehler zu machen, ist es sinnvoll, die Vollmacht mit einem Notar zu verfassen und von diesem beurkunden zu lassen.

Soll sich die Generalvollmacht auch auf den Verkauf oder die Kreditbelastung von Immobilien erstrecken, ist zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt eine notarielle Beurkundung sogar zwingend nötig.

Vollmacht jederzeit widerrufbar

Hingegen ist eine Bankvollmacht eingeschränkt. Sie gilt nur für ein Geldinstitut und dabei nur für zuvor exakt definierte Anlagen. Sie regelt, dass ein Dritter „über bestimmte Konten im vereinbarten Umfang der Vollmacht verfügen darf“, sagt Neumann. In dem Papier kann beispielsweise festgelegt werden, dass der Bevollmächtigte pro Monat nur einen maximalen Betrag abheben darf. Dadurch kann verhindert werden, dass das Konto geplündert wird.

Eine Verwaltungsvollmacht ist ebenfalls von eingeschränktem Umfang. Mit einer Vermögensverwaltungsvollmacht können Anleger Vermögensverwalter beauftragen, innerhalb eines exakt definierten Rahmens für sie Anlagegeschäfte zu tätigen.

Vollmacht nur Menschen gewähren

Seriöse Vermögensverwalter mit Genehmigungen der BaFin und der Bundesbank zur Finanzportfolioverwaltung haben in ihren Vertragswerken klar geregelt, dass sie „keine Barabhebungen oder Überweisungen zu eigenen Gunsten vornehmen können“, sagt Bolsmann. Ausgenommen seien nur Lastschriftverfahren zu den vereinbarten Honoraren. „Anderslautende Vereinbarungen sollten keinesfalls unterzeichnet werden“, warnt Neumann.

Grundsätzlich sollte jede Vollmacht nur Menschen gewährt werden, „zu denen eine intensive Vertrauensbasis besteht“, sagt Bolsmann. „Eine Vollmacht gilt immer ab sofort.“ Allerdings kann sie auch jederzeit widerrufen werden, sollte das Vertrauen in den Bevollmächtigten schwinden.

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