Bundessozialgericht

Soldatenversorgung umfasst auch Geburtsschäden des Kindes einer Soldatin

Wenn Ärzte von der Bundeswehr beauftragt werden, muss bei Schäden die Soldatenversorgung aufkommen. Das gilt auch für Komplikationen bei Entbindungen.

Veröffentlicht:
Foto eines Neugeborenen

Seit seiner Geburt leidet ein heute 14-jähriger an cerebralen Anfällen. Nun muss das schleswig-holsteinische Sozialgericht erneut prüfen, ob diese auf ärztliche Fehler bei der Geburt zurückzuführen sind. Wenn ja, muss die Soldatenversorgung dafür aufkommen. (Symbolbild mit Fotomodell)

© Nina Zaplotnik / iStock

Kassel. Die Soldatenversorgung umfasst auch Geburtsschäden des Kindes einer Soldatin. Das gilt auch, wenn die Schäden auf Behandlungsfehler ziviler, aber von der Bundeswehr beauftragter Ärzte und Krankenhäuser zurückgehen, wie jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied.

Im Streitfall geht es um die Entbindung einer Zeitsoldatin in Schleswig-Holstein im September 2007. Wegen vorzeitiger Wehen hatten die Truppenärzte einen zivilen Gynäkologen hinzugezogen, der die Schwangere mit truppenärztlicher Überweisung in ein ziviles Krankenhaus schickte. Wegen der befürchteten Frühgeburt wurde die Mutter von dort noch am selben Tag in ein hierfür ausgerüstetes größeres Krankenhaus verlegt.

Unerwartete Frühgeburt

Dort kam es zu der erwarteten Frühgeburt in der 31. Schwangerschaftswoche. Nachgeburtlich zeigte sich eine Hirnblutung. Seitdem leidet der heute 14-jährige Junge an Entwicklungsverzögerungen und cerebralen Anfällen. Dies führt er auf Fehler der Geburtsklinik zurück. Wehenhemmende Medikamente seien zu früh abgesetzt worden, und während der Geburt hätten sich die Ärzte zu spät für eine Sectio entschieden.

Hören Sie auch

Nach einer 2002 ins Soldatenversorgungsgesetz eingefügten Vorschrift kann auch ein von einer Soldatin geborenes Kind eigenständige Versorgungsansprüche haben. Die erste Voraussetzung, eine Wehrdienstbeschädigung der Mutter, sei hier erfüllt, urteilte das BSG. Zur Begründung verwies es auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach während der Schwangerschaft eine „natürliche Einheit von Mutter und Kind“ bestehe. Vor der Geburt seien Schäden des Kindes daher auch als Schäden der Mutter anzusehen.

Bundeswehr greift regelmäßig auf zivile Ärzte zurück

Weiter betonte das BSG, dass die Bundeswehr regelmäßig auf zivile Ärzte und Krankenhäuser zurückgreift, wenn eigene Kapazitäten oder auch fachliche Kenntnisse fehlen. Solche Behandlungen seien dann „in das truppenärztliche Behandlungsverhältnis einbezogen“. Auch dies sei hier der Fall gewesen.

Voraussetzung für Versorgungsleistungen sei zudem ein Ursachenzusammenhang zwischen der Behandlung und dem Schaden. Deshalb soll hier das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) in Schleswig noch prüfen, ob die Behinderungen des Jungen tatsächlich auf Behandlungsfehler während der Geburt zurückgehen. Wenn sich sein Vortrag bestätige, sei dies wohl der Fall. Weiter soll das LSG aber auch klären, ob die Mutter voraussichtlich ein anderes Krankenhaus gewählt hätte, wenn sie nicht als Soldatin eingewiesen worden wäre. (mwo)

Bundessozialgericht Az.: B 9 V 1/19 R

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Erweiterte Verordnungsmöglichkeiten

Anwalt: Das sind die rechtlichen Konsequenzen des Statine-Beschlusses

Das könnte Sie auch interessieren
Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

© Salesforce Germany GmbH

Value Based Healthcare

Salesforce hilft Kliniken, die Versorgungsqualität zu verbessern

Kooperation | In Kooperation mit: Salesforce Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Patienten mit DMD profitierten von einer über 24-wöchigen Vamorolon-Therapie im Vergleich zu einer Therapie mit Prednison in Bezug auf das Längenwachstum

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14]

Duchenne-Muskeldystrophie (DMD)

Erstes dissoziatives Kortikosteroid zugelassen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera (Germany) GmbH, München
Abb. 1: Primäre Endpunkte LPS und WASO der Zulassungsstudien

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [7]

Chronische Insomnie

Langfristig besser schlafen mit Daridorexant

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH,
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Kommen die Kröpfe zurück nach Deutschland?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Lesetipps
Im Jahr 2023 wurden 10,8 Millionen Neuerkrankungen und 1,25 Millionen Todesfälle durch Tuberkulose registriert, mit stark heterogener globaler Verteilung.

© Dr_Microbe/stock.adobe.com

Vielversprechende Ergebnisse

Neue Strategie zur Tuberkulose-Früherkennung