Bayer AG

Streit um Glyphosat zieht sich in den USA weiter hin

Fast drei Jahre lang hat Bayer in den USA versucht, einen milliardenschweren Deal auszuhandeln, um Entschädigungsklagen von Anwendern seines Totalherbizids Glyphosat beizulegen. Doch ein wichtiger Teil des Pakets stieß jetzt auf richterliche Ablehnung.

Veröffentlicht:
Stein des Anstoßes und nachhaltiger Erschütterung der Bayer-Aktie: Das Total-Herbizid RoundupTextbaustein: tmaus dem Erbe des 2018 übernommenen Agrarchemiekonzerns Monsanto.

Stein des Anstoßes und nachhaltiger Erschütterung der Bayer-Aktie: Das Total-Herbizid Roundup™aus dem Erbe des 2018 übernommenen Agrarchemiekonzerns Monsanto.

© © Reed Saxon / AP Photo / picture alliance

San Francisco/Leverkusen. Der Glyphosat-Rechtsstreit von Bayer in den USA geht nach einer Gerichtsschlappe weiter. Nachdem der zuständige Richter Vince Chhabria einem wichtigen Puzzlestück einer möglichen Einigung erneut eine Absage erteilt hat, versucht der Agarchemie- und Pharmakonzern das Risiko künftiger Klagen nun auf anderem Weg einzudämmen. „Die Entscheidung macht es unmöglich, den vorgeschlagenen nationalen Lösungsmechanismus unter der Aufsicht dieses Gerichts weiterzuentwickeln“, hieß es dazu von Bayer in der Nacht auf Donnerstag.

Richter Chhabria hatte am Mittwoch einen Antrag zum Umgang mit künftigen Klagen abgelehnt. Der angestrebte Kompromiss über insgesamt zwei Milliarden US-Dollar (rund 1,6 Milliarden Euro) hätte einen Schlussstrich unter das Glyphosat-Debakel ziehen sollen. Der nun geplatzte Deal war Teil eines Gesamtpakets von mehr als elf Milliarden US-Dollar, in dessen Rahmen Bayer schon viele bereits eingereichte Klagen beigelegt hat.

Rückstellungen bleiben erhalten

Chhabria moniert, dass der Lösungsvorschlag für Anwender des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup™ unangemessen sei, die derzeit noch nicht an einem Non-Hodgkin-Lymphom leiden. Für den Analysten Richard Vosser von der Bank JPMorgan kommt die Ablehnung nicht besonders überraschend, wenngleich unerwartet schnell. So habe der Richter während einer Anhörung in der vergangenen Woche zwar seine Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht, aber auch signalisiert, Bayer Zeit für eine Lösung einzuräumen.

Bayer will nach der erneuten Schlappe nun einen anderen, eigenen Weg beschreiten. Chhabrias Votum lasse „keinen anderen Schluss zu, als dass das Gericht den Lösungsmechanismus nicht ohne weitere erhebliche Änderungen genehmigen wird“, so Konzernchef Werner Baumann am Donnerstag bei einer Telefonkonferenz mit Analysten und Journalisten. „Diese Änderungen sind nicht im Interesse von Bayer.“ Am geplanten Kostenrahmen von zwei Milliarden Dollar soll sich aber erst einmal nichts ändern. Die entsprechenden Rückstellungen sollen bestehen bleiben.

Mit mehreren neuen Maßnahmen will das Management die Risiken künftiger Klagen eindämmen. Bayer betont, es gehe allein um die Minimierung von Rechtsrisiken. Bedenken in Bezug auf die Sicherheit der Produkte habe man nach wie vor nicht.

Anleger verunsichert

Bayer plant nun unter anderem, eine Internetseite mit wissenschaftlichen Studien zu Glyphosat-basierten Produkten einzurichten und will – mit Genehmigung der US-Umweltbehörde EPA – auf Roundup™-Produktetiketten diese Webadresse bewerben. Auf der Seite sollten „keine Aussagen zur Sicherheit von Roundup™ getroffen werden“, versichert der Konzern. Vielmehr gehe es darum, „eine zentrale Plattform“ zu schaffen, „auf der Konsumenten und professionelle Nutzer wesentliche Studien finden, um selbst über den Einsatz der Produkte zu entscheiden“.

Gleichzeitig erwägen die Leverkusener, Glyphosat-Produkte in den USA nicht länger an Privatleute zu verkaufen, „da die ganz überwiegende Mehrheit der Kläger behauptet, Roundup-Produkte für Privatzwecke verwendet zu haben“. 2020 erwirtschaftete Bayer mit Roundup™-Verkäufen an Privatleute rund 300 Millionen Euro Umsatz. Das Geschäft mit Landwirten ist ungleich größer.

Auch könnte sich das Vorgehen des Konzerns bei bereits vorliegenden Klagen ändern, nachdem er inzwischen rund 96 .000 Fälle im Rahmen des Mitte 2020 geschlossenen, umfassenden Vergleichs endgültig beigelegt hat. Grundsätzlich solle sich auch bei den ausstehenden Klagen gütlich geeinigt werden, doch könne regelmäßig geprüft werden, „ob dieser Ansatz noch im besten Interesse des Unternehmens ist“, heißt es.

Anleger überzeugten diese Ankündigungen nicht. Der Aktienkurs knickte am Donnerstagvormittag um gut vier Prozent auf 52,6 Euro ein. Vor der ersten Schlappe in einem Glyphosat-Prozess 2018 hatte eine Bayer-Aktie noch gut 93 Euro gekostet. (dpa)

Lesen sie auch
Lesen sie auch
Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Der Empfang der Gynäkologen-Praxis in Gütersloh: Vor allem die starke Patientinnenbindung überzeugte am Ende das MVZ, das die Praxis erwarb.

© Andreas Peters

Praxismanagement

Privatpraxis abzugeben? Das lässt sich regeln!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Finanzdienstleister MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Versorgung von Privatpatienten

PKV-Vergütung bringt Praxen knapp 74.000 Euro zusätzlich

Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter