Medikationsplan
Studie deckt Schwachstellen auf
Eine aktuelle Studie zeigt, dass bei den Medikationsplänen zwischen Anspruch und Realität oft eine große Lücke klafft. Schließen lässt die sich nur durch mehr Kooperation mit den Apotheken.
Veröffentlicht:KÖLN. Patienten profitieren nur dann von einem Medikationsplan, wenn er vollständig und aktuell ist. Das setzt in der Regel die Kooperation zwischen den verordnenden Ärzten und den Apothekern voraus.
"Wenn nur einer der beiden Heilberufe beteiligt ist, fehlen essenzielle Informationen", sagt Isabel Waltering vom Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Münster.
So seien sowohl das Fertigarzneimittel als auch der Wirkstoff wichtig für einen guten Medikationsplan. Der Arzt, der den Wirkstoff verordnet, hat keine Information darüber, welches Arzneimittel in der Apotheke tatsächlich abgegeben wurde.
Ist ausschließlich der Arzt für den Medikationsplan zuständig, fehlen häufig die Angaben zur Selbstmedikation.
Fünf Abweichungen pro Patient
Waltering - Dozentin für Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS) an der Universität Münster - hat gemeinsam mit Professor Georg Hempel von ihrem Institut und Dr. Oliver Schwabe von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe in der Zeit von Februar 2013 bis April 2014 die Arzneimitteleinnahmen von 500 Patientinnen und Patienten untersucht.
Die Ergebnisse wurden jetzt im "Journal of Evaluation in Clinical Practice" (2015; online 2. Juli) veröffentlicht.
Nach der Studie klafft bei den Medikationsplänen zwischen Anspruch und Realität oft eine große Lücke: Nur jeder 16. ärztliche Medikationsplan korrespondiert mit der tatsächlichen Medikation. Die in die Untersuchung einbezogenen Patienten wurden von Apothekern begleitet, die zum AMTS-Manager ausgebildet wurden.
80 Prozent von ihnen hatten einen Medikationsplan. Danach nahmen sie im Schnitt neun verschreibungspflichtige und ein frei verkäufliches Arzneimittel ein. Die Apotheker prüften bei einer sogenannten Brown-Bag-Analyse, welche Medikamente die Patienten tatsächlich eingenommen haben.
Dabei stießen sie auf 2021 Abweichungen, das sind fünf pro Patient, vor allem bei den verschreibungspflichtigen Mitteln.
Gefährliches Drehen an der Dosis
41 Prozent der Abweichungen betrafen den Austausch mit einem wirkstoffgleichen Arzneimittel. In 30 Prozent der Fälle nahmen die Patienten ein Mittel, das nicht im Medikationsplan stand. 18 Prozent hatten ein Medikament oder mehrere Medikamente ohne Wissen des Arztes abgesetzt.
In elf Prozent der Fälle stießen die Apotheker auf zum Teil erhebliche Abweichungen von der verordneten Dosis. Betroffen von den Abweichungen waren nach der Analyse vor allem Antihypertonika, Analgetika und Antidepressiva.
"Die Brown-Bag-Analyse sollte zumindest bei Einführung des Medikationsplanes einmal gemacht werden", so Waltering. Wichtig sei es auch, dass die Informationen in dem Plan in eine für den Patienten angemessene Form gebracht werden.
Der für einen sachgerechten Medikationsplan notwendige Austausch zwischen Arzt und Apotheker wird künftig über die elektronische Vernetzung vereinfacht, hofft sie.
Wichtig sei aber, dass beide Seiten den Plan um die jeweils notwendigen Infos ergänzen können. In einer zweiten Untersuchung haben die Wissenschaftler laut Waltering herausgefunden, wie wichtig es ist, den Medikationsplan regelmäßig zu aktualisieren. "Wenn der Plan älter als drei Monate ist, steigt die Fehlerquote um 50 Prozent", sagt sie.
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