Hintergrund
Telemedizin bewegt dicke Menschen
Elektronische Hilfmittel können Menschen mit einem metabolischen Syndrom helfen. In einer bislang unveröffentlichten Studie konnten Forscher zeigen: Telemonitoring verbessert die Stoffwechsellage.
Veröffentlicht:Die Kombination aus Diät und einer telemedizinischen Überwachung von Aktivität und Kalorienverbrauch verbessert die medizinische Gesamtkonstellation bei Patienten mit metabolischem Syndrom.
Das zeigen erste Ergebnisse einer noch unveröffentlichten Studie, die unter der Leitung von Professor Claus Luley von der Universität Magdeburg stattfand.
Studie mit 60 Personen über ein Jahr
In dieser Studie wurden 60 übergewichtige Patienten mit metabolischem Syndrom mit dem von Luley entwickelten ABC-Programm betreut und der Outcome nach einem Jahr mit dem einer Kontrollgruppe verglichen.
ABC steht für "Active Body Control". Das Programm kombiniert eine Diät mit niedrigem glykämischen Index und Kalorienrestriktion mit dem Einsatz eines Aktivitätssensors, der in Luleys Studie von dem Telemedizinhersteller Aipermon zur Verfügung gestellt wurde.
"Das Gerät misst die Aktivität und erlaubt damit eine Abschätzung der durch Bewegung verbrauchten Kalorien. Außerdem kann die Nahrungsaufnahme mit Hilfe eines einfachen Rasters nach Mahlzeitentypen eingegeben werden", betonte Luley im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Adjustierung bei Kraftraining nötig
Die Aktivitätsmessung und damit die Abschätzung des Kalorienverbrauchs durch das "AiperMotion" genannte Telemedizingerät seien relativ genau, so Luley.
In einer in Münster durchgeführten Validierungsstudie schnitt das Gerät bei Tätigkeiten wie Gehen, Bücher sortieren und Fegen gut ab. Bei stark ober- oder unterkörperzentrierten Betätigungen wie Krafttraining oder Radfahren wird eine Adjustierung vorgenommen.
Daten kommen in ein Webportal
Die gesammelten Daten werden in ein Webportal eingespeist und sind dort für den medizinischen Betreuer einsehbar. In der Magdeburger Studie waren das Mitarbeiter der Uniklinik.
"Später können es aber genauso gut niedergelassene Ärzte oder Ernährungsberater sein", so Luley.
Zeitbedarf für Arzt bei etwa fünf Minuten
Entscheidend ist, dass die Betreuungsintensität durch den Einsatz der Telemedizin relativ gering ist: "Ein direkter Kontakt findet nur einmal zu Beginn des Programms im Rahmen einer Schulung statt", sagt Luley.
Danach ist der Betreuer zwar bei Bedarf telefonisch ansprechbar. Die wöchentlichen Kontakte laufen aber ausschließlich über standardisierte Feedbackbriefe, für die Luley einen Zeitbedarf von etwa fünf Minuten veranschlagt.
13 Prozent weniger Körpergewicht bei ABC-Betreuten
Die Ergebnisse der Studie können sich sehen lassen: In der Gruppe mit ABC-Programm erkrankte innerhalb eines Jahres nur ein Patient neu an Typ 2-Diabetes. In der Kontrollgruppe waren es sieben, ein signifikanter Unterschied (p=0,03).
Das Körpergewicht sank unter ABC-Betreuung um 13 Prozent. Auch andere metabolische Parameter verbesserten sich.
"Durch den Aktivitätssensor werden die Patienten sehr gut dauerhaft zu mehr Bewegung motiviert. Was wir zeigen können, ist ein linearer Zusammenhang zwischen motorischem Kalorienverbrauch und Gewichtsreduktion."
Telemonitoring
Mit Telemonitoring wird die telemedizinische Fernüberwachung von Patienten bezeichnet. Meist werden die Monitoring-Programme, bei denen die Patienten mithilfe elektronischer Geräte ihre Vitaldaten (wie Gewicht oder Blutdruck) selbst zu Hause messen, bei der Betreuung chronisch Kranker eingesetzt.
Es werden aber auch Lifestyle-Programme wie Diät- oder Sportmonitoring angeboten. Dabei werden die gemessenen Daten direkt an den behandelnden Arzt oder ein telemedizinisches Zentrum übertragen - viele Geräte kommen sogar ohne Kabel aus und übermitteln die Daten automatisch.
Meist erhalten die Patienten zusätzlich Kommunikationsgeräte - etwa ein speziell ausgestattetes Mobiltelefon - auf das direkt die Rückmeldung des Arztes gesendet wird. (eb)