Arzt zu schnell unterwegs

Tempoverstoß bei privater Notfallfahrt nicht immer straffrei

Ein Arzt verzichtet bei einem Notfall seiner Frau darauf, einen Rettungswagen zu rufen und bringt sie selbst ins Krankenhaus – fährt allerdings zu schnell und wird geblitzt. Der Tempoverstoß bleibt nicht ungeahndet.

Veröffentlicht:
Weil ein Krankenwagen in der Corona-Pandemie aufwändig hätte desinfiziert werden müssen, hat ein Arzt seine Frau selbst ins Krankenhaus gefahren – zu schnell. (Symbolbild)

Weil ein Krankenwagen in der Corona-Pandemie aufwändig hätte desinfiziert werden müssen, hat ein Arzt seine Frau selbst ins Krankenhaus gefahren – zu schnell. (Symbolbild)

© TimSiegert-batcam / stock.adobe.com

Düsseldorf. Bei Notstandslagen kann der Staat darauf verzichten, Temposünder zu bestrafen – zum Beispiel dann, wenn in einem privaten Auto Verletzte oder Kranke gefahren werden, um sie zu retten. Doch das gilt erst dann, wenn alle anderen Mittel zur Rettung nicht zur Verfügung standen.

Wer im Notfall darauf verzichtet, überhaupt einen Rettungswagen zu rufen, geht deshalb nicht straffrei aus, wenn er zu schnell fährt und dabei erwischt wird. Das zeigt ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf, auf das der ADAC hinweist.

40 km/h zu schnell

In dem Fall ging es um einen Arzt, der außerorts 40 km/h zu schnell gefahren und geblitzt worden war. Seinen Einspruch gegen das Bußgeld begründete er damit, dass er seine schwangere Frau ins Krankenhaus fuhr, die in einem lebensbedrohlichen Zustand gewesen sei.

Und da in der Corona-Pandemie ein Krankenwagen besonders aufwändig desinfiziert werden muss, würden dadurch Kapazitäten gebunden. Zudem wisse er als Arzt, dass es bis zum Eintreffen des Krankenwagens mindestens 15 Minuten gedauert hätte. Mit dem Privatauto sei er schneller gewesen.

Die Sache ging vor Gericht - und dort verlor der Arzt. Zwar kann von der Ahndung eines Tempoverstoßes abgesehen werden, wenn eine Notstandslage gegeben war. Doch eine solche sah das OLG hier nicht.

Rettungswagen gewährleistet optimale Versorgung

Der Tempoverstoß wäre auch erst dann ein geeignetes Mittel gewesen, wenn alle anderen Mittel nicht verfügbar gewesen wären. Hier hatte der Fahrer aber darauf verzichtet, den Krankentransport überhaupt anzufordern.

Das Argument, der Krankenwagen brauche viel länger als der Arzt im Privatauto, überzeugte das Gericht nicht. Denn es wäre bei einer lebensgefährlichen Situation kein Krankentransport, sondern ein Rettungswagen geschickt worden - und aufgrund von Sonderrechten hätte dieser schnell vor Ort sein können.

Auch weil die Versorgung über den Rettungsdienst nach Ansicht des OLG in jedem Fall besser gewesen wäre, verneinte es in diesem Fall einen Notstand und entschied, ein Tempoverstoß bei Privatfahrten sei nur in absoluten Ausnahmefällen hinnehmbar.

Auch die Argumentation der zeitaufwändigen Desinfektion überzeugte die Richter nicht: Das Leben eines Menschen könne nicht mit Hygienemaßnahmen aufgewogen werden. (dpa/tmn)

Oberlandesgericht Düsseldorf, Az.: 2 RBs 13/21

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Welche Endpunkte sind patientenrelevant?

Patientenrelevanz: Ein Kommentar aus juristischer Sicht

Kooperation | In Kooperation mit: AbbVie Deutschland, DAK Gesundheit, MSD Sharp & Dohme, Novo Nordisk, Roche Pharma, vfa und Xcenda
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Versorgung von Privatpatienten

PKV-Vergütung bringt Praxen knapp 74.000 Euro zusätzlich

Lesetipps
Bald nicht nur im Test oder in Showpraxen: Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der KV Berlin ist eine ePA dargestellt (Archivbild). Nun soll sie bald überall zu sehen sein auf den Bildschirmen in Praxen in ganz Deutschland.

© Jens Kalaene / picture alliance / dpa

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter