Impuls an den Gesetzgeber

Verbände legen Entwurf zur Legalisierung von Abruptiones vor

Bis zur 22. Schwangerschaftswoche sollen Abbrüche grundsätzlich nicht mehr unter Strafe stehen - das fordert ein breites Bündnis von Verbänden. Die Bundesregierung müsse jetzt handeln.

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Namensschild einer Gynäkologin

Ungewollt Schwangere sollen künftig einen Rechtsanspruch auf Beratung haben - eine Pflicht soll dann nicht mehr gelten.

© Hendrik Schmidt/dpa/picture alliance

Berlin. Ein breites Verbände-Bündnis drängt auf eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 22. Schwangerschaftswoche. Dazu haben 26 Organisationen in Zusammenarbeit mit Expertinnen der Reproduktionsmedizin einen eigenen Entwurf für ein Gesetz erarbeitet und vorgestellt. Dieser sieht vor, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 22 Wochen außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln und die Gesetzesparagrafen, auf denen die Strafbarkeit beruht, abzuschaffen.

Die Organisationen, unter ihnen Pro Familia, der Deutsche Frauenrat und die Gewerkschaft Verdi, wollten den Entwurf am Mittag an Mitglieder der Bundesregierung und Abgeordnete des Bundestags übergeben. Er solle ein „maßgeblicher Impuls an den Gesetzgeber“ sein, erklärte die Juristin Liane Wörner.

Rechtsanspruch auf Beratung

Eine Abruptio ist in Deutschland nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches grundsätzlich rechtswidrig, aber nicht strafbar, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Ohne Strafe bleibt ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird.

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Neben der Entkriminalisierung von Abbrüchen bis zur 22. Woche sieht der Entwurf der Verbände vor, dass es künftig für ungewollt Schwangere anstelle der geltenden Pflichtberatung einen Rechtsanspruch auf Beratung geben soll. Die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche sollen grundsätzlich von der Krankenkasse übernommen werden. Ärztinnen und Ärzte sollen laut Entwurf aber weiterhin die Möglichkeit haben, sich persönlich gegen die Durchführung eines Abbruchs zu entscheiden. Auch Schwangerschaftsabbrüche gegen den Willen einer Schwangeren sollen dem Verbändeentwurf zufolge weiter unter Strafe stehen.

“Ausgewogenes Konzept“

„Die Zivilgesellschaft schlägt der Politik hier ein ausgewogenes Konzept vor, das sowohl den Schutz von Frauen im Prozess, als auch den Schutz von Feten und die verfassungsgerichtlich festgestellte Schutzpflicht berücksichtigt“, erklärte Wörner, die wie die beiden beteiligten Expertinnen Friederike Wapler (Universität Mainz) und Maria Wersig (Hochschule Hannover) federführend an der Ausarbeitung des Entwurfs beteiligt war.

Die drei Frauen waren auch Teil einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertinnenkommission, die im April dieses Jahres Empfehlungen zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen abgegeben hatte. In politisches Handeln übersetzten sich diese Empfehlungen aber bislang nicht. Die Bundesregierung erklärte damals, die Vorschläge intensiv prüfen zu wollen und betonte, dass es sich um eine „hochsensible Materie“ handele.

Reaktion der Bundesregierung noch unklar

Der Entwurf der Verbände hat nur dann Konsequenzen, wenn die Bundesregierung die Initiative aufgreift oder Abgeordnete die Initiative für eine Gesetzesänderung ergreifen. Laut Wapler hat es auch aus den Reihen der Ampel-Fraktionen positive Signale gegeben.

Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Leni Breymaier, begrüßte den Vorstoß ausdrücklich. „Schwangerschaftsabbrüche gehören nicht ins Strafgesetzbuch“, sagte sie der dpa. Die Strafandrohung habe inzwischen zu einer „massiven Unterversorgung, insbesondere in Süddeutschland“ geführt. „Was wir nicht brauchen, sind Regeln aus den 1990er Jahren, getragen von einer Geisteshaltung von vor hundert Jahren.“ (dpa)

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