Corona-Schutzimpfung in Betrieben
Vor allem am Bau und in Kneipen sieht es schlecht aus
Eine Unternehmensbefragung zum Corona-Impfgeschehen in Betrieben zeigt, dass auch die Betriebsärzte an ihre Grenze stoßen, wenn es um Impfangebote für Mitarbeiter geht. Viele Belegschaften sind außen vor.
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Impfangebote für Belegschaften sind ein sinnvolles Präventionsangebot, aber nur, wenn Unternehmen sie ihren Mitarbeitern auch unterbreiten. Und das ist nicht in allen Branchen und Betrieben gegeben.
© Patrick Pleul / dpa-Zentralbild / dpa
Nürnberg. Seit etwas mehr als einem Monat sind die Betriebs- und Werksärzte in Deutschland aktiv und flächendeckend in die nationale Corona-Impfstrategie in Deutschland eingebunden. Große Hoffnungen sind mit ihrem Engagement verbunden, über die Betriebsärzte viele Impfwillige in ihrem Arbeitsumfeld mit dem Impfangebot zu erreichen. Sie sollten vor allem auch Belegschaften kleiner und mittelständischer Unternehmen erreichen (KMU), die standardmäßig nicht unbedingt über einen Betriebsarzt vor Ort verfügen.
Eine zwischen dem 7. und 18. Juni – den ersten zwei Wochen nach regulärem Impfstart in den Unternehmen – durchgeführte repräsentative Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) könnte die großen Erwartungen dämpfen – befragt wurden rund 2000 privatwirtschaftliche Firmen.
Denn allein von den Firmen, die angaben, über einen Betriebsarzt zu verfügen, bestätigten nur 28 Prozent, ihren Beschäftigten Impfungen gegen COVID-19 anzubieten – 12 Prozent planten, dies zu tun. 38 Prozent der Betriebe hätten hingegen keine Pläne, ihren Beschäftigten ein Impfangebot zu machen. Weitere 22 Prozent hielten Impfungen durch Betriebsärztinnen und -ärzte für unnötig, da ihre Beschäftigten bereits anderweitig ein Impfangebot bekommen hätten.
Jeder zweite größere Betrieb bietet Impfaktion an
Laut IAB bieten vor allem größere Betriebe mit mehr als 250 Beschäftigten Impfungen durch Betriebsärztinnen und -ärzte an. Von ihnen machten aktuell 56 Prozent den Beschäftigten ein Impfangebot. Weitere 19 Prozent gaben an, ein entsprechendes Angebot zu planen. Demgegenüber bieten nur 28 Prozent der Kleinstbetriebe mit bis zu neun Beschäftigten und 22 Prozent der Betriebe mit zehn bis 49 Beschäftigten Impfungen gegen Corona an.
„Die geringere Verbreitung bei kleineren Betrieben hängt auch damit zusammen, dass diese Betriebe oft keine festen Betriebsärztinnen oder -ärzte haben und mitunter nur eingeschränkt auf externe betriebsärztliche Leistungen zurückgreifen können“, heißt es dazu von Seiten des IAB.
Ein weiterer Hemmschuh könnten gerade für Kleinstbetriebe die Impfkosten sein. Denn der Verband der Deutschen Betriebs- und Werksärzte (VDBW) empfiehlt gerade den selbstständigen Kollegen, mit den Unternehmen eine Impfvereinbarung auf Stundenhonorarbasis abzuschließen, die dann die arztseitige Impforganisation inkludiert. Dafür könnten 130 Euro Stundenhonorar als Richtschnur gelten – Geld, das sich mancher Firmenchef sicher sparen will.
Gesundheitsberufler frühzeitig anderweitig geimpft
Schaut man auf die verschiedenen Branchen, zeigen sich hingegen kaum Unterschiede beim Impfangebot von Betrieben. Eine Ausnahme bildet das Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen. Hier gaben 46 Prozent der Betriebe an, dass ihre Beschäftigten bereits anderweitig ein Impfangebot erhalten hätten.
Dementsprechend gaben sie mit 14 Prozent vergleichsweise selten an, ein betriebliches Impfangebot an ihre Beschäftigten zu machen. „Diese Zahlen sind wenig überraschend, da viele Beschäftigte in dieser Branche in der Impfreihenfolge weit oben standen“, so IAB-Vizedirektor Ulrich Walwei.
Corona-Impfung
Chronik der Entwicklung und Ereignisse
Am schwierigsten dürfte es sich für Angehörige des Gast- und Baugewerbes sein, betriebsärztlicherseits gegen SARS-CoV-2 immunisiert zu werden. Denn im Gastgewerbe gaben 64 der befragten Branchenbetriebe an, ein Impfangebot sei nicht geplant. Lediglich ein Unternehmen habe hier angegeben, seine Belegschaft habe anderweitig eine Impfgelegenheit gehabt.
30 Unternehmen unterbreiteten ihren Mitarbeitern das Angebot einer Immunisierung, sechs wollten dies noch tun. Beim Baugewerbe bekundeten 61 Betriebe, kein Impfangebot zu machen, 29 waren bereits aktiv, acht planten es – und zwei Betriebe gaben an, die Mitarbeiter seien anderweitig vakziniert worden.
Trotz allem „beachtlicher Erfolg“
IAB-Direktor Bernd Fitzenberger ist indes voll des Lobes für die betriebsärztliche Corona-Schutzimpfung: „Dass bereits in den ersten beiden Wochen so viele Betriebe bei der Impfkampagne mitmachen, ist beachtlich.“
Und ergänzt: „Vor allem mit Blick auf die rasante Ausbreitung der Delta-Variante in Europa zeigt sich, dass das Impfen durch Betriebsärztinnen und -ärzte ein immer wichtigerer Baustein in der Bewältigung der Corona-Krise werden kann“.