Zank mit Mietern

Wann fristlos gekündigt werden kann

Beleidigungen, Ohrfeigen oder gezückte Messer: Im Mietshaus kann es ganz schön rabiat zugehen. Wer als Vermieter Rüpel und Haustyrannen loswerden will, kann aber nicht immer auf Unterstützung durch die Gerichte hoffen.

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Mieter auf Gefechtsstation? Bei ernsten Streitigkeiten sollten Vermieter Gedächtnisprotokolle anlegen.

Mieter auf Gefechtsstation? Bei ernsten Streitigkeiten sollten Vermieter Gedächtnisprotokolle anlegen.

© Tom Bayer / Fotolia.com

NEU-ISENBURG. Ob ein unflätiges Wort oder eine einzige Beleidigung schonreicht, einem Mieter fristlos zu kündigen, hängt "stark vom Einzelfall ab", so Rechtsanwalt Dr. Carsten Hoth vom Vermieterschutzverein Deutschland. Grund dafür ist die Generalklausel des Paragraf 543 BGB, wonach ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden kann.

Dem Vermieter, so das BGB, muss nach den Umständen des Einzelfalls und unter Abwägung beiderseitiger Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar sein.

Unzumutbar, da ist sich die Rechtsprechung einig, sind Schläge oder Tritte gegen den Vermieter, Verwalter oder die anderen Hausbewohner. "Das sind deutliche Fälle. Wenn ein Mieter gegenüber anderen gewalttätig wird, ist die Basis für das Mietverhältnis zerstört", sagt Hoth.

Das gilt auch, wenn nicht der Mieter selbst, sondern Angehörige von ihm ausfällig werden. In der Regel ist dann, wie auch bei Bedrohungen etwa mit dem Messer oder Nötigung, sogar eine vorherige Abmahnung entbehrlich.

Doch auch in der Rechtsprechung gilt: keine Regel ohne Ausnahme. Das Landgericht Karlsruhe kassierte beispielsweise die Kündigung einer Mieterin, die eine andere Mieterin aufgrund eines seit Längerem bestehenden persönlichen Zerwürfnisses geohrfeigt hatte.

Hier, so die Richter, hätte der Vermieter die handgreifliche Dame erst einmal abmahnen müssen (Az.: 9 S 30/14). Wer provoziert wird, kann also durchaus auf mildernde Umstände hoffen.

Vermieterin war mit schuld

Das zeigt auch ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Ein Mieter hatte seine Vermieterin am Oberkörper gepackt und wie einen nassen Sack vor die Tür gestellt. Zuvor hatte die Frau versucht, das gesamte Haus zu besichtigen - und nicht nur, wie ursprünglich vereinbart, die Zimmer, die mit einem Rauchmelder ausgestattet worden waren.

Der Aufforderung des Mieters, das Haus zu verlassen, kam die Frau nicht nach. Der BGH kippte sowohl die fristlose als auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung.

Grund: Auch die Vermieterin trug Mitschuld an dem Geschehen, weil sie das Hausrecht des Mieters verletzt hatte, also selbst ein vertragswidriges Verhalten an den Tag gelegt hatte (Az.: VIII ZR 289/13).

Eine fristlose Kündigung können auch schwere Beleidigungen rechtfertigen. "Du kannst mich am Arsch lecken, Du verrücktes Arschloch", hielt das Amtsgericht Köln zum Beispiel für ausreichend (Az.: 1 S 365/92).

In einem anderen Fall beschimpfte der Lebensgefährte der Mieterin den Vermieter mit vulgären Ausdrücken. Das Landgericht Coburg erklärte die fristlose Kündigung für rechtens ( Az.: 32 S 65/04).

Wer allerdings denkt, dass der harsche Vorwurf "Sie sind ein Massenmörder!" zur Kündigung reicht, der irrt. Das Landgericht Berlin jedenfalls ließ die Kündigung nicht durchgehen mit dem Argument, dass die Beleidigung in einem Zustand der Erregung ausgesprochen worden war und außerdem objektiv töricht und sinnlos sei (Az.: 62 S 89/89).

Auch das Landgericht Offenburg war einmal der Ansicht, dass eine schwere Beleidigung, die im Eifer des Gefechtes fällt, keine Kündigung rechtfertigt (Az.: 1 S 347/84).

Reichen verbale Ausfälle des Mieters?

Doch welcher Vermieter weiß schon, ob einem Richter die verbalen Ausfälle des Mieters für eine fristlose Kündigung reichen? "Meistens handelt es sich ja um Fälle, die auf der Grenze liegen und bei denen man sich fragt, ob man vorher abmahnen muss oder nicht", berichtet Rechtsanwalt Hoth. Der Vermieterschutzverein Deutschland "rät deshalb, im Zweifel einmal mehr abzumahnen".

Das gelte vor allem dann, wenn das Mietverhältnis bisher völlig problemlos verlief. "Vor Gericht spielt es bei der Abwägung, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist, nämlich durchaus eine Rolle, ob jemand sich lange Zeit ordentlich verhalten hat, dann aber einmal ausfällig geworden ist", erläutert Hoth.

Vor allem aber kommt es darauf an, dass in einem Gerichtsverfahren die Tätlichkeiten, Bedrohungen oder Beleidigungen auch bewiesen werden können. Das heißt, dass möglichst Zeugen benannt werden müssen oder Gedächtnisprotokolle angelegt werden sollten.

"Bei körperlichen Auseinandersetzungen sollte ein ärztliches Attest über die Verletzungen eingeholt werden", rät Rechtsanwalt Dr. Christof Kiesgen von der Kanzlei Busse & Miessen in Bonn. Heimliche Tonaufnahmen mit dem Handy oder Smartphone sind dagegen zwecklos, weil vor Gericht nicht verwertbar.

Videoaufnahmen im Haus sind meistens ebenfalls zum Scheitern verurteilt, weil ihnen alle Mieter zustimmen müssen. (juk)

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