Totschlagsverdacht

Wartelisten-Manipulation am Berliner Herzzentrum?

Der Republik steht ein neuer Transplantationsskandal ins Haus: Am Deutschen Herzzentrum in Berlin hat es womöglich Manipulationen an der Warteliste gegeben. Es geht um fast 30 Fälle. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Totschlag.

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Schatten auf das Deutsche Herzzentrum Berlin: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags.

Schatten auf das Deutsche Herzzentrum Berlin: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags.

© Jörg Carstensen / dpa

BERLIN. Eine lückenlose Aufklärung des Manipulationsverdachts bei Herztransplantationen am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) fordern Politik und Ärzteschaft in Berlin. Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) warnte, dass das Vertrauen in die Transplantationsmedizin bereits stark erschüttert und die Zahl der Organspender dadurch deutlich zurückgegangen sei.

Ein weiterer Verlust des Ansehens könne nur verhindert werden, "wenn umfassende Transparenz hergestellt wird, mögliche Unregelmäßigkeiten strikt aufgeklärt werden und das neue gefasste Transplantationsgesetz konsequent angewendet wird", so Czaja.

Gerade das Deutsche Herzzentrum Berlin habe sich durch große Leistungen ein hohes Renommee erworben. Der Senator zeigte sich überzeugt, dass dieses Renommee durch lückenlose Aufklärung wieder vollständig hergestellt werde.

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt im Herzzentrum wegen versuchten Totschlags. Im Zentrum der Ermittlungen steht nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft "eine verantwortliche Person aus dem ärztlichen Bereich".

Nach Informationen der "Ärzte Zeitung" handelt es sich um eine Oberärztin. Sie soll gezielt hochdosierte Medikamente verabreicht haben, damit Patienten einen besseren Platz auf der Warteliste für ein Spenderherz bekommen.

Von insgesamt 28 Fällen in den Jahren 2010 bis 2012 ist die Rede. "Die Dosissteigerung der Medikation sei unmittelbar vor der Antragstellung auf ,High Urgency‘ erfolgt", teilte die Senatsgesundheitsverwaltung mit. Denn die Gabe hochdosierter Katecholamine an Herzpatienten ist ein Indikator für einen dringenden Bedarf nach einem Spenderorgan.

Jonitz: Was, statt wer hat Schuld?

Der Manipulationsverdacht gelangte am Mittwoch an die Öffentlichkeit. Das Herzzentrum hatte den Staatsanwalt am 14. August selbst eingeschaltet. Bereits Mitte Mai hatte die Prüfkommission, die Bundesärztekammer, Krankenhausgesellschaft und Krankenkassen nach dem Transplantationsskandal in Göttingen gegründet haben, einen Anfangsverdacht. Der Prüfbericht der Kommission ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Er wird für September erwartet.

"Der Vorgang beweist, dass es richtig ist, alle Zentren juristisch und medizinisch zu überprüfen", sagte der Präsident der Berliner Ärztekammer Dr. Günther Jonitz der "Ärzte Zeitung". Er warnte davor, "irgendjemand zu kriminalisieren".

Es gehe nicht darum, wer schuld sei, sondern was Schuld sei. Jonitz gab auch zu bedenken, dass der Zustand von Herzpatienten stark schwanken kann. "Diese Patienten sind an einem Tag fast tot, am nächsten ist alles wieder ok. Sie hätten an zwei verschiedenen Tagen völlig unterschiedliche Positionen auf der Warteliste", sagte Jonitz.

Auch der Grünen-Politiker Heiko Thomas forderte eine lückenlose Aufklärung. Mehr Transparenz über Organspenden will auch die von Thomas mit initiierte "Berliner Erklärung Organspende" herstellen. "Nach den bekannt gewordenen Vorwürfen gilt es, dieses Ziel umso engagierter zu verfolgen", so Thomas.

Vertreter aus Medizin, Wissenschaft, Politik, Institutionen und Verbänden haben sich hier gemeinsam zu Transparenz verpflichtet, darunter auch DHZB-Chef Professor Roland Hetzer. Die Unterzeichner treffen sich in unregelmäßigen Abständen. Derzeit wird geprüft, ob ein Beirat am Berliner Abgeordnetenhaus angesiedelt werden kann. (ami)

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Kommentare
Dr. Wiebke Kathmann 25.08.201410:54 Uhr

Nicht sachdienliche Überschrift

Auch in einer an Ärzte gerichteten Zeitung emotionalisiert der Begirff Todschlag in der Überschrift nur unnötig die Diskussionen. Dies trägt nicht zur Lösung des Problems der Wartelisten in der Transplantationsmedizin bei, schon gar nicht im Hinblick auf sinkende Spenderzahlen durch die Implikation von krimineller Energie in der Vergabepraxis. Vorverurteilungen vor Abschluss der Sachverhaltsermittlungen führen nicht weiter.
Eine Haltung, wie sie in der zitierten Aussage von Dr. Günther Jonitz zum Ausdruck kommt – Es gehe nicht darum, wer schuld sei, sondern was Schuld sei – wäre sachdienlicher, sprich würde nicht zu unnötigen Reaktionen führen, die wiederum die eines Transplantats bedürftigen Patienten ausbaden müssen.

Dr. Wolfgang P. Bayerl 23.08.201408:31 Uhr

wo sind die Toten?

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