Gender Pay Day

Warum Ärztinnen etwas weniger verdienen

Frauen in Deutschland verdienen weiterhin deutlich weniger als Männer – auch in einigen Medizin- berufen. Die Gründe dafür sind vielfältig – zwischen tariflicher Gleichheit und struktureller Ungleichheit.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Ärztinnen verdienen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen noch immerhäufig weniger. Das hat aber nicht unbedingt etwas mit ungleicher Bezahlung zu tun.

Ärztinnen verdienen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen noch immer häufig weniger. Das hat aber nicht unbedingt etwas mit ungleicher Bezahlung zu tun.

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Neu-Isenburg. Frauen im Gesundheits- und Sozialwesen haben im vergangenen Jahr 20 Prozent weniger verdient als Männer. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die dies anlässlich des Equal Pay Day vom 17. März veröffentlicht hat. Dieser markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen quasi unentgeltlich arbeiten, während Männer bereits ab dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Im bundesweiten Vergleich aller Berufstätigen verdienten Frauen 2019 demzufolge mit durchschnittlich 17,72 Euro brutto in der Stunde 4,44 weniger als Männer (22,16 Euro). Im Jahr betrug die Differenz 4,51 Euro .

Niedergelassene im Nachteil?

Explizite Zahlen zu Gehaltsunterschieden zwischen Ärztinnen und Ärzten führt das Statistische Bundesamt in seiner Erhebung nicht auf. Die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, Dr. Christiane Groß, sieht Gehaltsunterschiede in den Gesundheitsberufen nicht unbedingt bei ungleichen Bezahlungen für gleiche Qualifikation. Sie macht eher auf strukturelle Ungleichheiten aufmerksam, die Gehaltsunterschiede begründen. „Frauen arbeiten häufiger in sogenannten weichen Fächern, zu denen unter anderem Psychotherapie, Psychiatrie, Kinderheilkunde und auch Allgemeinmedizin gehören“, erläutert Groß. Besser bezahlt seien hingegen Operateure und Vertreter der technischen Medizin wie etwa der Radiologie oder der Labormedizin. „Hier sind eher Männer vertreten.“

Als weiteren Faktor für die Gehaltsunterschiede, insbesondere im ambulanten Bereich, macht Groß gegenüber der „Ärzte Zeitung“ in unterschiedlichen Verhaltensmuster der Geschlechter aus: „Frauen nehmen sich mehr Zeit für die Kommunikation. Dies wiederum wird in unserem Gesundheitswesen nicht honoriert, obwohl es Untersuchungen gibt, dass chronisch Kranke davon profitieren.“

Keinen Gender Pay Gap gibt es bei gleicher Ausbildung, Qualifizierung und Position im tariflichen Bereich, der die Bezahlung geschlechtsunabhängig genau regelt. „Allerdings“, erklärt der Sprecher des Marburger Bundes auf Anfrage, „ist unter den Ärztinnen der Teilzeitanteil höher. Dadurch sind gerade teilzeittätige junge Ärztinnen im Nachteil, weil sie ihre Weiterbildung nicht in der eigentlich vorgesehenen Mindestzeit abschließen können. Wer später die Facharztbezeichnung erwirbt, kommt auch erst später in die entsprechende Entgeltgruppe 2 der Tarifverträge.“

Nach Angaben der Arbeitskräfteerhebung war im Jahr 2018 in Deutschland fast jede zweite erwerbstätige Frau (47 Prozent) im Alter von 20 bis 64 Jahren in Teilzeit tätig. Unter den Männern betrug dieser Anteil neun Prozent. Der überwiegende Teil der teilzeitarbeitenden Frauen gab als Hauptgrund die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen (31 Prozent) beziehungsweise andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen (17 Prozent) an.

Kaum Frauen in der Wissenschaft

Der Deutsche Ärztinnenbund zeigt sich – ohne Zahlen zu nenenn – überzeugt, dass im außertariflichen Bereich, sprich in Leitungspositionen, Gehaltsunterschiede existieren. „Sie beginnen bei den Oberarztstellen.“ Offizielle Zahlen hierzu liegen dem Marburger Bund nicht vor. Chefarztpositionen würden jedoch zu annähernd 90 Prozent von Männern bekleidet.

Gender Gaps machen auch vor der Hochschullandschaft nicht Halt, wie eine Studie des Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung NRW zeigt. Ihr Titel: „Geschlechter(un)gerechtigkeit an nordrhein-westfälischen Hochschulen“. Der Untersuchung zufolge finden sich die höchsten Verdienstunterschiede an den Medizinischen Fakultäten des Landes. Dort erhalten Professorinnen demnach monatlich 994 Euro weniger Gehalt als Professoren. Nicht einmal jede fünfte Professur ist von einer Frau besetzt, trotz einer Zweidrittelmehrheit an Frauen im Studium und einem Frauenanteil von 60 Prozent an Promovierten.

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