Digitale Visite
Warum Tablets Klinikärzten mehr Zeit bescheren
Tablets beschleunigen zwar nicht die Visite im Krankenhaus, sie bringen den Ärzten aber mehr Zeit für die Patienten. Das hat eine Untersuchung an der Berliner Charité gezeigt.
Veröffentlicht:BERLIN. Auch wenn noch einiges in Papierakten festgehalten wird, Computer gehören in der Universitätsmedizin natürlich längst zum Alltag. Auf dem Visitenwagen fährt beispielsweise ein Notebook mit.
Bringt es da Ärzten tatsächlich etwas, wenn sie bei der Visite noch ein Tablet bei sich haben? Dieser Frage ging ein Forschungsprojekt an der Charité-Klinik für Neurologie in Berlin nach.
Ärzte, die regelmäßig an Rundgängen zur Visite teilnehmen, wurden in die Arbeit mit elektronischen Patientenakten auf Tablet-Computern eingewiesen.
14 Wochen lang wurden unter anderem die Vor- und Nachbereitungszeiten der Visite und die Dauer der Visite selbst erhoben.
Gestoppt wurde auch, wie viel Zeit die Ärzte direkt am Krankenbett verbringen und wie lange sie zum Nachschlagen medizinischer Daten benötigen.
Auswertung überraschte die Ärzte
Die Auswertung der gesammelten Daten überraschte die Ärzte doch ein wenig. "Wir dachten, dass die Visite damit vielleicht schneller geht", berichtet Professor Stephan Brandt, Stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie.
Doch das Projekt zeigte, dass die Visite mit dem Tablet genauso lange dauert wie die konventionelle. Neu war, dass die Ärzte nun aber mehr Zeit für die Patienten hatten.
Statt etwa vier Minuten wie bei der althergebrachten Visite verbrachten die Mediziner in der mobilen Visite im Durchschnitt eineinhalb Minuten mehr Zeit mit dem Patienten.
Ein Grund dafür: Das Tablet beschleunigt das Nachschauen von medizinischen Befunden in der elektronischen Patientenakte.
Durchschnittlich 40 Sekunden sparten die Ärzte gegenüber dem Durchblättern der Papierakte ein. "Das ist Zeit, die unseren Patienten zu Gute kommt", sagt Brandt.
Auch in der Vor- und Nachbereitung konnten die Ärzte mit Hilfe des Tablets deutlich Zeit einsparen. Sie verkürzten sich um 18 beziehungsweise 15 Minuten.
"Mit den Tablets muss man im Vorfeld nicht alles recherchieren, weil man es auf dem Gerät schnell nachgucken kann", erklärt Brandt. Die Unterlagen seien immer dort einsehbar, wo man sie gerade benötige.
Flexibler Einsatz am Krankenbett
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts haben dazu geführt, dass an der Klinik für Neurologie weitere Tablets für die Visite bestellt wurden. Denn mit den mobilen Endgeräten haben Ärzte auch die Möglichkeit, Patienten Aufnahmen einer Computertomografie oder andere Bilder zu zeigen und Befunde direkt am Krankenbett zu besprechen.
Für die Zukunft hofft Brandt, dass die Ärzte über die Tablets auch klinische Aufträge wie etwa die Anmeldung von CT vornehmen können.
Die Charité ist indes kein Vorreiter, was die Nutzung von Tablet-PC im Klinik-Versorgungsalltag angeht.
In Zukunft sollen sämtliche Ärzte und Pflegekräfte in den elf Häusern mit mobilen Geräten ausgestattet sein.