Bundesverfassungsgericht

Was darf der GBA wirklich?

Ist der Gemeinsame Bundesausschuss wirklich befugt, rechtverbindliche Beschlüsse zu fassen? Immer wieder gibt es deswegen Kritik - jetzt soll sich das Bundesverfassungsgericht äußern.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Taktgeber im Gesundheitswesen – nach einer Verfassungsbeschwerde diskutieren Juristen über die Befugnisse des GBA.

Taktgeber im Gesundheitswesen – nach einer Verfassungsbeschwerde diskutieren Juristen über die Befugnisse des GBA.

© Gemeinsamer Bundesausschuss

MÜLHEIM. Das Bundesverfassungsgericht wird sich voraussichtlich demnächst zur demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) äußern.

Das Votum wird dabei wohl positiv für das Gremium ausfallen, glaubt Olaf Rademacker, Richter im sechsten Senat des Bundessozialgerichts (BSG).

"Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe begründen die Erwartung, dass die Übertragung von Rechtssetzungsbefugnissen auf den Gemeinsamen Bundesausschuss als verfassungsgemäß bewertet wird", sagte Rademacker beim Symposium des Vereins "Anwälte für Ärzte" in Mülheim.

Die demokratische Legitimation des GBA für seine oft weitreichenden Beschlüsse wird von der einen oder anderen Seite immer mal wieder infrage gestellt.

Der Grund: Die Beschlüsse und Richtlinien des Gremiums binden auch Personen - etwa Versicherte und Leistungserbringer - die nicht an der Beschlussfassung beteiligt sind, erläuterte der Jurist.

BSG ließ Frage offen

Das BSG ziehe die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtssetzung nicht mehr in Zweifel. "Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage jedoch noch offen gelassen und sich anders als das Bundessozialgericht noch nicht abschließend zur Normsetzungsbefugnis geäußert", sagte Rademacker.

Das könne sich aber - anlässlich der Verfassungsbeschwerde gegen ein BSG-Urteil zur Frage des Anspruchs Versicherter auf ein Medizinprodukt - bald ändern. Dabei geht es um die Glykosaminoglykan-Ersatztherapie mit Gepan® instill.

Das BSG hatte 2012 entschieden, dass der GBA das Mittel zu Recht nicht in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen hatte.

"Es spricht einiges dafür, dass das Bundesverfassungsgericht diesem Verfahren große Bedeutung beimisst", berichtete der BSG-Richter.

Beschwerde mit Blick auf Versicherte

Die Verfassungsbeschwerde ziele auf die fehlende Rechtssetzungskompetenz des GBA mit Blick auf die Versicherten. "Meines Erachtens besteht Anlass für die Annahme, dass das Bundesverfassungsgericht die Übertragung von Rechtssetzungsbefugnissen an den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht als verfassungswidrig einstufen wird", sagte er.

Das habe das oberste Gericht auch bei Entscheidungen zu Wasserverbänden und zur Weinabgabe so gehandhabt. "Was für Wasser und Wein gilt, kann für Medizinprodukte nicht anders geregelt werden."

Doch auch wenn viele Zeichen auf eine aus Sicht des GBA positive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts deuten, bleibe für Spekulationen viel Raum, betonte Rademacker.

"Sieht das Gericht es doch anders, wird es für den Gesetzgeber schwierig", prognostizierte er. Das Hauptproblem sei: "Wer kann es besser?"

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Kommentare
Dr. Richard Barabasch 17.02.201514:28 Uhr

Die Nagelprobe auf''s Exempel

So, so, "das Bundessozialgericht" kann sich nicht vorstellen, dass das BFG in Karlsruhe anders entscheidet als das BSG ins Kassel und diesem einen Freibrief für dessen - gelinde gesagt - eigenwillige Urteilsart und Urteils-Begründung und -Gestaltung im Sinne einer "nebengesetzlichen Gerichtsbarkeit" billigend zukommen läßt. Na ja, so diese Äusserung des Herrn aus Kassel nicht eine Ankündigung von Juristen-Klüngelei bedeutet und somit die Parole "die Zuversicht auf Rechtsstaatlichkeit lass fahren"
verklausuliert rüberkommt, mag durchaus mit Hoffnung nach Karlruhe zum Bundesverfassungsgericht geschaut werden und dessen Vermögen, den "Kasselern" deren Grenzen und Übermütigkeiten von Gesetzestext- und organisatorischen Vorschriften-Auslegungen (z.B. Krankengeldanspruch) aufzuzeigen,
meint
R.B.

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