Suchtfachgesellschaften
Rauchaussteiger akzeptieren E-Zigaretten
E-Zigaretten und Tabakerhitzer waren bisher als Hilfsmittel zum Rauchausstieg verpönt. Der Dachverband Sucht denkt nun um.
Veröffentlicht:FRANKFURT / MAIN. Das Verbrennen von Tabak ist längst nicht mehr der einzige Weg, Nikotin zu konsumieren. Als weniger schädliche Alternativen zum Glimmstängel werden E-Zigaretten und Tabakerhitzer am Markt positioniert. Erstere ist mittlerweile als Hilfsmittel in der Tabakentwöhnung angekommen.
Denn in einem aktuellen Positionspapier attestiert der Dachverband der Suchtfachgesellschaften DSG der E-Zigarette einen Nutzen in der Rauchentwöhnung (Suchttherapie 2017; 18(03):120-123).
Rauchern kann nun zum Dampfen geraten werden, wenn diese nicht für die üblichen Entwöhnungsmittel wie Beratung, psychotherapeutische Verfahren oder Medikation zu gewinnen sind. Das erklärte Dr. Alexander Nussbaum, Wissenschaftlicher Sprecher des Unternehmens Philip Morris, bei einer vom Unternehmen unterstützten Veranstaltung in Frankfurt.
Gegen umfangreiche Regulierung
Diesen Schritt begründet die DSG damit, dass die E-Zigarette in der Bevölkerung angenommen wird. Deshalb sollten Chancen zur Tabakentwöhnung nicht durch eine "zu umfassende Regulierung des Produkts zunichte gemacht werden."
Zwar sei ein kompletter Rauchstopp nach wie vor das Ziel, schreibt die Gesellschaft. Doch für diejenigen Raucher, die nicht aufhören können oder wollen, gelte es, den Schaden des Tabakabusus zu reduzieren. Harm Reduction nennen die Experten das.
Einigkeit herrscht darüber, dass der Dampf einer E-Zigarette weniger schädlich ist als der Rauch einer herkömmlichen Tabakzigarette. Das britische Royal College of Physicians zum Beispiel beziffert das Gesundheitsrisiko einer E-Zigarette mit fünf Prozent im Vergleich zu einer herkömmlichen Zigarette (Royal College of Physicians Working Party Report 2016).
Neben den E-Zigaretten, bei denen Nikotin in einer Flüssigkeit verdampft und anschließend inhaliert wird, verfolgen auch die Hersteller von Tabakerhitzern den Harm Reduction-Ansatz. Bei diesen Geräten wird ein Tabakstäbchen erhitzt, das freigesetzte Nikotin wird im Dampf inhaliert.
Geringere Toxizität
Im Rauchmaschinentest ergab sich für den Dampf der Tabakerhitzer eine um 90 Prozent geringere Zytotoxizität und eine um 95 Prozent geringere Mutagenität im Vergleich zur herkömmlichen Zigarette (Regul Toxicol and Pharmacol 2016, 81:S27-S47).
Beide Systeme werden von Medizinern zunehmend als weniger schädliche Alternative zum Rauchen vorgezogen, wenn ein Patient für einen kompletten Rauchausstieg nicht zu gewinnen ist. "Es gibt nichts Schlimmeres für meine Patienten ,als weiterzurauchen", sagte zum Beispiel Dr. Christoph Nielen, Facharzt für Innere Medizin, bei der Veranstaltung in Frankfurt.
Nielen weiter: "Beim Dampfen finde ich nichts, das objektiv schlimmer ist als das Rauchen." Er empfehle deshalb E-Zigaretten oder Tabakerhitzer in der Entwöhnung.
Doch wie bei E-Zigaretten seien auch beim Tabakerhitzer noch weitere Studien nötig, um die Langzeitfolgen zu untersuchen. Zwei davon konnte Nussbaum in Aussicht stellen: Eine einjährige Studie mit 1000 Probanden zur Schadstoffexposition beim Dampfen stehe kurz vor dem Abschluss. Gerade begonnen habe dagegen eine große, fünfjährige Kohortenstudie in Japan mit 4000 Probanden.