Weniger Neuerkrankungen

Norwegen stoppt den Diabetes-Trend

Seit 60 Jahren steigt die Inzidenz von Typ-2-Diabetes in Deutschland kontinuierlich an – ein Ende ist nicht in Sicht. In einigen Ländern hat sich der Trend aber offenbar stoppen lassen. Die Gründe sind unklar, doch es gibt Vermutungen.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Spontanes Tischtennis-Match am Fjord: Menschen in Norwegen verhalten sich im Schnitt gesünder als Menschen in Deutschland.

Spontanes Tischtennis-Match am Fjord: Menschen in Norwegen verhalten sich im Schnitt gesünder als Menschen in Deutschland.

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MAINZ. Die Prävalenz des Typ-2-Diabetes hat sich in Deutschland zwischen 1960 und 2015 von weniger als 1 Prozent der Bevölkerung auf 7,2 bis 9,9 Prozent fast verzehnfacht, wie Professor Wolfgang Rathmann vom Deutschen Diabetes Zentrum in Düsseldorf berichtet hat. Gleichzeitig ist die Inzidenz in der Bevölkerung von 120 pro 100.000 im Jahr 1960 auf aktuell 690 pro 100.000 und Jahr um fast das Sechsfache angestiegen.

Diese Daten von Forschern des Robert Koch-Instituts (RKI) hat der Epidemiologe beim DDG-Diabetes-Update vorgestellt. Danach hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch die erhöhte Sterberate von Menschen mit Diabetes im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes kaum verändert, wie ein Abgleich von DDR-Registerdaten mit Daten einer aktuellen deutschen Kohorte zeigt: Zu DDR-Zeiten war die Diabetiker-Mortalität 1,9-fach erhöht, heute ist sie es 1,7-fach (J Health Monitoring 2017; 2: 3).

Volkskrankheit Diabetes

Hält dieser Trend an, dann wird die Zahl der Typ-2-Diabetiker bis 2040 auf 10,7 bis 12,3 Millionen anwachsen, hatten kürzlich Forscher des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) berechnet (Diab Med 2019; online 19. Januar).

Ob es wirklich so weit kommt, hängt allerdings davon ab, wie viele Menschen in den nächsten zwei Jahrzehnten tatsächlich neu an Typ-2-Diabetes erkranken werden. Mit Präventions- und Schulungsmaßnahmen könnte dies positiv beeinflusst werden, betonen die DDZ-Forscher.

Hier sind andere europäische Ländern offenbar weiter als wir. Rathmann brachte hierzu das Beispiel Norwegen: Dort ist in den vergangenen Jahren die Prävalenz von Typ-2-Diabetes zwar auch angestiegen, und zwar auf 6,1 Prozent bei den über 30-Jährigen im Jahr 2014. Zwischen 2009 und 2014 ging dort die Neuerkrankungsrate aber signifikant zurück, und zwar von jährlich 609 Fällen pro 100.000 Personen (2009) auf 398 Fälle pro 100.000 (2014).

Dies entsprich einer relativen Reduktion von 10,1 Prozent pro Jahr. Der absolute Rückgang der Inzidenz war am stärksten ausgeprägt in der Gruppe der 70- bis 89-Jährigen, insbesondere bei Patienten, die Antidiabetika erhielten (Diabetologia 2018; 61: 2310).

Woher kommt der Rückgang?

Auch wenn die Studie letztlich keine Antworten darauf gibt, ist Rathmann überzeugt, dass der Rückgang der Typ-2-Diabetes-Inzidenz mit verbesserten Lebensstilfaktoren zu erklären ist. So nehme die Prävalenz der Adipositas in Norwegen seit Jahren ab.

Zwischen 2006 und 2016 habe sich dort zudem der Anteil der aktiven Raucher in der Bevölkerung (16- bis 74-Jährige) von 24 auf 12 Prozent halbiert. „Diese erfreulichen Trends weisen darauf hin, dass eine Reduktion der Diabetesneuerkrankungen in der Bevölkerung auf der Basis von Lebensstiländerungen möglich ist“, betonte der Epidemiologe.

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