Dermatologie

Training gegen das Kratzen hilft Kindern mit Neurodermitis

Nach einem Habit-Reversal-Training (HRT) können Kinder mit Neurodermitis, den Kratzdrang besser kontrollieren. In Ergänzung zu einer lokalen Steroidtherapie besserten sich damit in einer Studie die Hautsymptome deutlich.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Kratzen schadet der Haut bei Neurodermitis: Beim Verhaltenstraining lernen die Kinder, stattdessen ihre Hand zur Faust zu ballen.

Kratzen schadet der Haut bei Neurodermitis: Beim Verhaltenstraining lernen die Kinder, stattdessen ihre Hand zur Faust zu ballen.

© Gina Sanders / Fotolia

UPPSALA. Bei Neurodermitis heilen die Ekzeme umso schneller ab, je weniger sich die Patienten kratzen. Gegen den nahezu unstillbaren Drang ist das sogenannte Habit-Reversal-Training (HRT) wirksam. Das Verhaltenstraining funktioniert auch im (Vor)-Schulalter, wie jetzt eine Studie aus Schweden ergeben hat (J Dermatol 2018; online 24. Januar).

An der randomisierten Studie nahmen 39 Fünf- bis 13-Jährige mit Neurodermitis teil: Alle wurden täglich mit Steroidcreme (Mometasonfuroat) und nach Bedarf mit Emollentien behandelt. 18 Kinder der Interventionsgruppe bekamen zudem vermittelt, wie sie die Kratzattacken besser beherrschen konnten.

Zwicken statt kratzen

Zur Vorbereitung der Intervention beobachteten die Eltern eine Woche lang täglich 30 Minuten das Kratzverhalten ihres Kindes. Eine Klinikschwester vermittelte ihnen zudem das Anti-Kratz-Training. Trainiert wurde folgendes Verhalten: Wenn das Kind zum Kratzen ansetzte, wurde es angehalten, die Hand 30 Sekunden lang zur Faust zu ballen. Danach durfte es den Finger auf die juckende Stelle pressen oder sich selbst leicht zwicken, bis der Juckreiz nachließ. Die Eltern sollten das neue Verhalten mehrmals am Tag mit den Kindern trainieren und bei Erfolg mit Lob bestärken. Zudem sollten sie die Kinder mit Spielangeboten ablenken.

Ein Dermatologe beurteilte während der Studie die Entwicklung der Ekzeme mit der SCORAD-Skala (Scoring Atopic Dermatitis). Kriterien dabei sind das Ausmaß der betroffenen Hautareale sowie die Intensität der Neurodermitis, und zwar beurteilt anhand der Parameter Erythem, Ödem/Papelbildung, Nässen/Krustenbildung, Exkoriation, Lichenifikation und Trockenheit. Als leicht galt eine Neurodermitis bei Werten (für den objektiven Score-Anteil) unter 15 Punkten, als schwer ab 41 Punkten.

Ergebnis: Nach einer dreiwöchigen Behandlungsphase hatte sich das Ekzem in der Interventionsgruppe deutlich stärker gebessert als bei den Kontrollen. Die mittleren SCORAD-Ausgangswerte von 39,7 (Interventionsgruppe) und 37,7 (Kontrollgruppe) waren mit Training um 31,9 und ohne um 23,9 Punkte zurückgegangen. Dieser signifikante Effekt hielt in den folgenden Wochen an. Nach acht Wochen lagen die Werte in der Interventionsgruppe noch immer um 31,7 Punkte niedriger als zum Ausgangszeitpunkt (Kontrollen: minus 19,7 Punkte).

Kratzepisoden reduziert

Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Kratzepisoden nach drei Wochen in beiden Gruppen fast im gleichen Maße zurückging: um rund 14 in der Interventions- und um knapp 13 in der Kontrollgruppe. Die Forscher um Dr. Peter Norén von der Universität Uppsala vermuten, dass beide Gruppen für das Kratzverhalten sensibilisiert wurden. Werde einem Patienten aber eine negative Angewohnheit bewusst gemacht, reiche diese häufig schon aus, dass er sie möglichst vermeidet.

So ist es wohl auch zu erklären, dass sich in beiden Gruppen auch der Hautstatus, gemessen anhand der Parameter Rötung, Ödem, Kratzspuren, sowie der Juckreiz signifikant gebessert hatten. Dies schlug sich in einer jeweils deutlichen Verbesserung im CDLQI (Children's Dermatology Life Quality Index) nieder, sowohl nach drei als auch nach acht Wochen.

Nicht berücksichtigt wurde allerdings die Menge der verbrauchten Steroidcreme über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg.

Trotz dieser offenkundigen Schwachstelle und der relativ kurzen Beobachtungszeit sei die Studie ein Erfolg, so Norén und sein Team: Am primären Endpunkt, dem objektiven SCORAD-Wert nach dreiwöchiger Intervention, habe sich eine Überlegenheit der kombinierten Strategie aus HRT und Steroid gegenüber der alleinigen Steroidtherapie gezeigt.

Gegen Juckreiz bei Neurodermitis sollten aber immer möglichst früh topische Steroidpräparate angewandt werden, damit das Kratzen nicht zur Angewohnheit werde.

Das Wichtigste in Kürze

» Verhaltenstraining hilft auch Kindern: Bei den 5- bis 13-Jährigen in der Studie ging mit dem Habit-Reversal-Training (HRT) in Kombination mit topischen Steroiden das Kratzen zurück. Das Ekzem besserte sich gegenüber einer reinen Steroidtherapie deutlich.

» Mängel der Studie: Die Beobachtungszeit war mit insgesamt acht Wochen relativ kurz; die Menge der eingesetzten Steroide wurde nicht erfasst.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Landkarte

So hoch ist die lokale Mpox-Inzidenz in Deutschland

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025