Europas Raucher auf dem Rückzug
In Irland, Italien und Schweden wurde der blaue Dunst schon aus öffentlichen Gebäuden, aus Restaurants, Cafés und Kneipen verbannt. Andere Länder ziehen nach. Jüngstes Mitglied in der Anti-Tabak-Fraktion ist Spanien: Ausgerechnet im einstigen Raucherparadies gilt seit Jahresbeginn eines der europaweit härtesten Gesetze gegen das Rauchen.
Irland machte im April 2004 den Anfang und verschärfte als erstes EU-Mitgliedsland drastisch die Gesetze gegen den Qualm. Auf der grünen Insel gilt seither ein Rauchverbot am Arbeitsplatz - mit großen Auswirkungen vor allem für die 10 000 Pubs im Land, deren Gäste seither nicht mehr rauchen dürfen. Besitzern von Kneipen, Bars und Restaurants drohen Geldstrafen bis zu 3000 Euro, wenn gegen das Gesetz verstoßen wird.
Inzwischen haben weitere Länder nachgezogen oder planen - wie etwa Dänemark - Einschränkungen. In Deutschland genießen Raucher dagegen zumindest vorläufig noch Schonfrist. Ein generelles gesetzliches Rauchverbot ist nicht in Sicht, auch wenn beispielsweise in immer mehr Bahnhöfen das Rauchen verboten oder nur in speziellen Zonen erlaubt ist. Auf vielen Schulhöfen sind Zigaretten ebenfalls schon tabu. Bei Gaststätten wird weiterhin auf eine freiwillige Selbstverpflichtung gesetzt, nach der Nichtraucherzonen allmählich ausgeweitet werden.
In den EU-Mitgliedstaaten sterben nach Schätzung der Kommission in Brüssel mehr als eine halbe Million Menschen pro Jahr an den Folgen von Krankheiten, die mit Rauchen zusammenhängen. Europa hat dem Tabak daher den Kampf angesagt: Im Frühjahr 2005 startete die Anti-Rauch-Kampagne "HELP", für die bis 2008 etwa 72 Millionen Euro bereit stehen. Mit Fernsehspots und einer eigenen Website sollen besonders Jugendliche und junge Erwachsene vom Tabak abgebracht werden.
Bereits im Dezember 2002 hatte der EU-Ministerrat ein umfassendes Tabakwerbeverbot auf den Weg gebracht, das für Internet, Zeitungen, Zeitschriften und den Rundfunk ebenso gilt wie für das Sponsoring bei großen Sportveranstaltungen. Doch auch hier stellt sich die Bundesregierung quer und läßt das Verbot vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg überprüfen.
Verhandelt wird dort seit Dezember 2005, eine Entscheidung wird Mitte dieses Jahres erwartet. Trotzdem werfen Kritiker der EU eine Doppelmoral vor, da europäische Tabakbauern noch 2005 EU-Hilfen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr bezogen.
Außerhalb Europas wird der Kampf gegen das Rauchen oft schon weitaus restriktiver geführt. Im US-Bundesstaat Kalifornien darf die Zigarette seit knapp zwei Jahren an einigen Stränden nicht mehr angesteckt werden. Die indische Regierung will den blauen Dunst vom Bildschirm und von der Leinwand verbannen. Betroffen sind davon auch die beliebten "Bollywood"-Filme aus der Filmmetropole Bombay.
Die WHO verhängte zum 1. Dezember 2005 einen Einstellungsstop für Raucher. Die Katholische Kirche machte bereits im Sommer 2002 ernst: Seit diesem Zeitpunkt ist das Rauchen im Kirchenstaat nur noch im Freien erlaubt. (dpa)