Der Standpunkt
Apotheker als Ko-Therapeut?
Mit ihrem "Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung" konzentrieren sich die KBV und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) auf ein ernstes Problem, das die Sicherheit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Pharmakotherapie beeinträchtigt: die mangelnde Compliance bei chronisch Kranken, die auf eine Mehrfach-Medikation angewiesen sind.
Wiederholt hat der Gesundheits-Sachverständigenrat darauf aufmerksam gemacht, dass nicht Arzneimittel an sich, sondern der Umgang durch Ärzte (Problem: mangelnde Persistenz) und Patienten (Problem: mangelnde Adhärenz) die wichtigste Ursache für Effizienzverluste sind. Dieser Diagnose haben sich nun KBV und ABDA angeschlossen.
Ob der eingeschlagene Weg allerdings zum Ziel führen wird, muss gleichwohl bezweifelt werden. Dreh- und Angelpunkt des KBV/ABDA-Konzepts ist die gemeinsame Betreuung der Patienten durch Arzt und Apotheker. Dass dies wirksam ist, ist derzeit nicht mehr als eine Hypothese - Belege durch Studien werden von den Initiatoren nicht benannt.
Ferner: In jedem Einzelfall müssen sich Arzt und Apotheker in ihrer Beratungsstrategie gegenüber dem Patienten abstimmen. Das setzt voraus, dass der Arzt dem Apotheker patientenindividuelle Daten liefert und der Patient dem zustimmt. Dieser wiederum muss sich an einen bestimmten Apotheker binden. Wer kontrolliert das?
Und schließlich: Bieten Apotheken wirklich die Intimsphäre, die zur Erörterung individueller Patientenprobleme nötig ist? Zweifel sind angebracht.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass zwei Berufsorganisationen eine schöne Verpackung gesucht haben, um berufspolitische Interessen zu verfolgen: Die KBV setzt alles daran, die Ärzte von jeglichem Regressrisiko zu befreien - und bietet dafür den Apothekern ein Mitbetreuungsrecht von Patienten an.
Darauf haben die Apotheker lange gewartet. Sie möchten sich vom Image des akademischen Krämers befreien und als Heilkundler anerkannt werden - und das mit Anspruch auf eine Vergütung.