Der Standpunkt

Apotheker als Ko-Therapeut?

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Der Autor ist stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitspolitik der Ärzte Zeitung. Schreiben Sie ihm: helmut.laschet@springer.com

Der Autor ist stellv. Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitspolitik der Ärzte Zeitung. Schreiben Sie ihm: helmut.laschet@springer.com

© Illian

Mit ihrem "Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung" konzentrieren sich die KBV und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) auf ein ernstes Problem, das die Sicherheit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Pharmakotherapie beeinträchtigt: die mangelnde Compliance bei chronisch Kranken, die auf eine Mehrfach-Medikation angewiesen sind.

Wiederholt hat der Gesundheits-Sachverständigenrat darauf aufmerksam gemacht, dass nicht Arzneimittel an sich, sondern der Umgang durch Ärzte (Problem: mangelnde Persistenz) und Patienten (Problem: mangelnde Adhärenz) die wichtigste Ursache für Effizienzverluste sind. Dieser Diagnose haben sich nun KBV und ABDA angeschlossen.

Ob der eingeschlagene Weg allerdings zum Ziel führen wird, muss gleichwohl bezweifelt werden. Dreh- und Angelpunkt des KBV/ABDA-Konzepts ist die gemeinsame Betreuung der Patienten durch Arzt und Apotheker. Dass dies wirksam ist, ist derzeit nicht mehr als eine Hypothese - Belege durch Studien werden von den Initiatoren nicht benannt.

Ferner: In jedem Einzelfall müssen sich Arzt und Apotheker in ihrer Beratungsstrategie gegenüber dem Patienten abstimmen. Das setzt voraus, dass der Arzt dem Apotheker patientenindividuelle Daten liefert und der Patient dem zustimmt. Dieser wiederum muss sich an einen bestimmten Apotheker binden. Wer kontrolliert das?

Und schließlich: Bieten Apotheken wirklich die Intimsphäre, die zur Erörterung individueller Patientenprobleme nötig ist? Zweifel sind angebracht.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass zwei Berufsorganisationen eine schöne Verpackung gesucht haben, um berufspolitische Interessen zu verfolgen: Die KBV setzt alles daran, die Ärzte von jeglichem Regressrisiko zu befreien - und bietet dafür den Apothekern ein Mitbetreuungsrecht von Patienten an.

Darauf haben die Apotheker lange gewartet. Sie möchten sich vom Image des akademischen Krämers befreien und als Heilkundler anerkannt werden - und das mit Anspruch auf eine Vergütung.

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Kommentare
Dr. Juraj Galan 16.04.201118:45 Uhr

Rezepte aus dem Busch

In den letzten Jahrzehnten wurde die ärztliche(und pflegerische, physiotherapeutische…) Tätigkeit durch immer neue Sparmaßnahmen zunehmend unattraktiv gemacht. Die Folge ist ein zunehmender Ärztemangel.
Dabei leistet sich unsere Gesellschaft im Gegensatz zu vielen anderen Ländern den Luxus, für teure Krankenkassen Verwaltungen oder Apotheken Milliarden auszugeben.
Statt als Abhilfe alles, was für die Patientenversorgung nicht essentiell wichtig ist zurechtzustutzen und mit dem eingesparten Geld wieder eine ordentliche medizinische Versorgung zu etablieren, sollen jetzt – wie im südamerikanischen Busch – Ärzte zweiter Klasse installiert werden. Mit Vernunft hat das sicher nichts zu tun, schon eher mit dem fehlenden Mut radikale Veränderungen anzugehen.

Dr. Detlef Weidemann 15.04.201115:22 Uhr

Apotheker als Partner

Sehr geehrter Herr Laschet,
zunächst oute ich mich gerne: ich bin seit 35 Jahren Apotheker und über diesen Beruf mit Freude aus.
Ihr Kommentar zur Partnerschaft zwischen Arzt und Apotheker enthält einige durchaus überlegenswerte Anregungen, diese Partnerschaft zum Nutzen unserer Patienten weiter zu entwickeln. Nur in einem irren Sie leider: wir Apotheker möchten nicht als Heilberufler anerkannt werden - wir sind es bereits. Zwar erst seit etwas über 750 Jahren (Kaiser Friedrich II. war der Täter) und heute durch den Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland. Das ist in Ihren Augen vielleicht nicht so viel wie ein stellvertretender Chefredakteur einer im Wettbewerb um Leser stehenden Zeitung. Aber für sehr, sehr viele Ärzte, die tatsächlich Patienten versorgen, ist das gelebte Praxis.
Da Sie sich ja auf das rein Deskriptive kaprizieren, wünsche ich Ihnen dabei künftig einen unverstellten Blick auf die Realität (z.B. in Ihrem eigenen Organ; da gibt es eine Extrabeilage , die heißt ApothekerPlus. Wussten Sie das schon? Wenn nicht lesen Sie doch ein Mal den Text auf Ihrer eigene Homepage. Der beginnt mit den Worten:"Ärzte und Apotheker kommen sich näher.") Merke also: Lesen bildet!

Reinhard Rodiger 15.04.201115:05 Uhr

Behandlungsrecht für Apotheker?

Das Analog zum Dispensierrecht wäre das Behandlungsrecht.In Südamerika impfen die Apotheker und
machen Grundversorgung etwa vergleichbar mit dem Agnesmodell.Dies ist aus der Not geboren,nicht aus
Gewinnsucht.Bezüglich des Finanzvolumens wäre dies für die Apotheker ungleich höher.Bezüglich der
1 Mrd ,die von der Deutschen Bank 2008! geschätzt wurden sollte man bedenken,dass dies etwa ein
Viertel des GKV-Apothekenhonorars war.Ziehen Sie sich mal ein Viertel Ihres Honorars ab und freuen
sich über den Verursacher.Ich glaube dann nicht mehr an fruchtbare Zusammenarbeit.
Im übrigen gibt es in der angelsächsischen Ländern reichlich Literatur ,die den Sinn von Medikationskontrolle eindeutig belegt.In USA ist dies bereits ein selbstständiges Berufsbild.Wenn es keine Fehler gäbe, wäre dies nicht möglich .


Dr. Juraj Galan 15.04.201108:07 Uhr

Dispensierrecht für Landärzte?

Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, die sich noch ein teures Apotheker Monopol leisten. Die Übertragung des Dispensierrechts auf Ärzte in unterversorgten Gebieten wäre eine deutlich einfachere und bessere Idee, als die jetzt vorgeschlagene Partnerschaft. Die Idee ist übrigens nicht neu: der NAV Wirchov-Bund forderte sie bereits 2002 und auf der Webseite der KBV wird von einem "überholten Apotheker-Monopol" gesprochen. In den MedNachrichten der Deutschen Bank 2/2008 wird das mögliche zusätzliche Finanzvolumen für die Ärzte mit 1Mrd. Euro beziffert. Sollte man nicht besser darüber nachdenken?

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