Krankenhausplanung

Nein zum Zentralklinikum in Aurich

In Emden und dem Kreis Aurich haben die Bürger gesprochen. Sie wollen kein Zentralklinikum. Doch wie die drei bestehenden Kliniken künftig überleben sollen, ist unklar.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Die Ubbo-Emmius-Klinik in Aurich: Ihre Zukunft und die zwei weiterer Häuser wird diskutiert.

Die Ubbo-Emmius-Klinik in Aurich: Ihre Zukunft und die zwei weiterer Häuser wird diskutiert.

© picture alliance / Carmen Jasper

EMDEN/AURICH. Scherbengericht nach dem Bürgerentscheid. Die Stadt Emden und der Landkreis Aurich warten derzeit auf Vorschläge ihrer drei Krankenhäuser in Emden, Aurich und Norden, wie diese in Zukunft zusammenarbeiten wollen.

Im März sollen konkrete Vorschläge auf den Tisch kommen. "Dann werden die Politiker vermutlich entscheiden, ob sie bei der stationären Versorgung überhaupt noch zusammenarbeiten wollen oder nicht", sagt Claus Eppmann, Sprecher der Geschäftsführung der Trägergesellschaft Kliniken Aurich-Emden-Norden mbH. Die Stimmung sei derzeit "durchaus angespannt", sagt Eppmann.

Im Juni 2017 vergangenen Jahres zerschellte der Plan, anstelle der drei Krankenhäuser das neue Zentralklinikum Georgsheil in der geografischen Mitte des Städtedreiecks von Emden, Norden und Aurich für die Versorgung der rund 200.000 Menschen in der Region zu errichten und dafür die Klinken an den drei bisherigen Standorten zu schließen.

Ein Bürgerentscheid hat das Vorhaben nach langen Auseinandersetzungen gestoppt. Er ist für zwei Jahre bindend. Dabei dränge die Zeit, meint Eppmann. Nach seinen Angaben machen die drei alten Krankenhäuser jährlich einen Verlust von zusammen mehr als 18 Millionen Euro.

Mittel waren schon eingeplant

Die damalige Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) sagte dem Norddeutschen Rundfunk (NDR), sie bedauere die Entscheidung der Bürger. Ein neues Klinikum hätte das Angebot in der Region deutlich verbessert.

Sie rechne jetzt mit einem mühsamen Weg, die drei bestehenden Krankenhäuser fit für die Zukunft zu machen. Dabei hatte das Land das Projekt Georgsheil bereits in den Krankenhausplan eingestellt und 180 Millionen Euro von den 250 Millionen Euro Gesamtkosten als Förderbetrag in Aussicht gestellt.

Nun müssen also die Häuser einen neuen Weg finden. Im Januar hat ein Gremium aller ärztlichen und Pflegedirektoren sowie der Verwaltungen ein Eckpunktepapier für die Kooperation der Standorte vorgelegt.

Es schlägt vor, das Krankenhaus in Norden ab 2025 aufzugeben, lässt allerdings wesentliche Fragen unberührt: Welche Abteilungen kommen in welches der beiden verbleibenden Häuser, wenn man Doppelstrukturen vermeiden will? So bieten alle drei Häuser derzeit Kinderheilkunde an. Wie viel Geld müsste wo investiert werden? Welche Patienten müssen wie weit fahren, um versorgt zu werden?

Vorschläge bis Ende März

Immerhin liegen die beiden Standorte an die 30 Kilometer auseinander. Ebenso weit ist es von Norden aus nach Emden oder Aurich. "Im Zweifel müsste also ein Schlaganfallpatient 30 Kilometer fahren, um versorgt zu werden", sagt Eppmann der "Ärzte Zeitung". "Zum Zentralklinikum wäre es nur die halbe Strecke gewesen." Ende März sollen konkretere Vorschläge auf den Tisch kommen.

Helmut Hagemeister von der Bürgerinitiative für den Erhalt der Kliniken Aurich, Norden, Emden äußert sich enttäuscht. "Das Eckpunktepapier zeigt, dass die Initiatoren eigentlich eine Neuauflage des Zentralklinikums anstreben", wie Hagemeister der "Ärzte Zeitung" sagt.

Bei der Abstimmung im vergangenen Juni hatte sich die Emder Bevölkerung gegen das Zentralklinikum ausgesprochen und die Menschen im Landkreis Aurich dafür. Damit war das Votum klar. Hagemeister erwartet nun von den Kliniken und der Trägergesellschaft, dass sie den Bürgerentscheid umsetzen.

"Also: Wie können wir Strukturen am Standort erhalten?", so Hagemeister. "Wenn man das Problem nur vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sieht, wird man unserer Situation nicht gerecht." Im Übrigen seien die Schulden der Häuser auch durch "schlechtes Management" verursacht.

Die Auricher Bezirksstelle der KV Niedersachsen hält sich mit Stellungnahmen zurück. Die niedergelassenen Ärzte der Region waren nach Eindruck der KV zur Hälfte für und zu Hälfte gegen den Neubau, berichtet Dieter Krott, Geschäftsführer der Bezirksstelle, der "Ärzte Zeitung".

Unterdessen warten die Akteure auf die weiterführende Planung. Worum es geht, drückte die ehemalige Gesundheitsministerin Rundt in ihrer Stellungnahme nach dem Bürgerentscheid treffend aus: "Wir brauchen eine Vision, wie es weitergehen soll."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Businessplan gegen Emotion

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Kommentare
Prof. Dr. Volker Loewenich 11.03.201822:04 Uhr

Zentralklinikum Georgsheil / Ostfriesland

Es war ein Fehler, das Ergebnis einer Bürgerbefragung zur Entscheidungsgrundlage zu machen, ob drei auf die Dauer nicht überlebensfähige Krankenhäuser zu einem leistungsfähigen Zentralklinikum in Georgsheil zusammen gelegt werden sollen oder nicht. Daß ausgerechnet die Emdener, anders als die Bürger in Norden und in Aurich, dieses Projekt ablehnten ist besonders unverständlich, da die Verbindung vom Norden Emdens, wo das jetzige Krankenhaus steht, nach Georgsheil über die B 210 ohne Umweg besonders schnell ist. Für die Krummhörn wäre Georgsheil gegenüber Emden geographisch nicht von Nachteil, aber dort hat man anscheinend nicht die Bürger befragt. Sollten Aktivitäten zwischen Norden, Emden und Aurich aufgeteilt werden, dann hätte man in der Krummhörn mitunter das Nachsehen, denn bis Aurich ist es dann weiter als bis nach Georgsheil. Kinder aus dem Raum Norden würden von einer Kinderklinik in Georgsheil profitieren, denn für sie ist es nach Emden oder nach Aurich weiter. Aber, wie so oft auch anderenorts, wird an die Kinder zuletzt gedacht. Die Ansprüche an eine zeitgemäße Krankenhaus-Medizin sind mittlerweile so hoch, materiell wie personell, daß dies kleine Anstalten nicht mehr stemmen können, sie sind mehrheitlich erheblich defizitär und nicht genügend leistungsfähig. Dies gilt nicht nur für Ostfriesland, sondern bundesweit. Leistungsfähig sind in der südlichen Mitte und im Osten des Landes die Klinika Westerstede und Wilhelmshaven, im Westen sieht es anders aus. Der frühere Emdener Kinderklinik-Chefarzt, mir als mein früherer Kollege und Mitarbeiter in Frankfurt a.M. bekannt, Dr. Wilhelm Jansen, war in den letzten Jahren seiner Tätigkeit personell derart schlecht ausgestattet, daß er sämtliche Nachtdienste übernahm und tags weiter arbeiten mußte, damit seine wenigen ärztlichen Mitarbeiter einigermaßen die gesetzlichen Arbeitszeit einhalten konnten und nicht davon liefen, eine skandalöse Situation, die aber die Emdener Bürgerschaft offenbar nicht störte. Diese entschied, wie berichtet, ohne eingehende Sachkenntnis, auf emotionaler Basis. Wie schwierig es inzwischen geworden ist, für solche Klein-Krankenhäuser noch Ärzte/innen zu finden, ist allen Fachkreisen genugsam bekannt. Die Arbeit dort ist auslaugend und fachlich unbefriedigend.
Als ehemaliger Chef der Abteilung für Neonatologie (= Neugeborenenmedizin und Neugeborenen-Intensivmedizin) des Universitätsklinikum in Frankfurt a.M. bin ich zwar kein Ostfriese, kenne die dortigen Verhältnisse aber durchaus, da ich seit 1992 jeden Sommer zum Wind-Surfen an das Große Meer fahre, dort schon einigermaßen heimisch bin und das flache grüne Land lieben gelernt habe.
Professor Dr.med. Volker von Loewenich, Frankfurt a.M.


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