TK Gesundheitsreport 2019
Pflege geht auf die Psyche und den Rücken
Der aktuelle TK-Gesundheitsreport 2019 hat die Gesundheit der Menschen in Pflegeberufen untersucht. Das Ergebnis zeigt deutlich: Die Belastung in dieser Branche ist hoch.
Veröffentlicht:BERLIN. Besonders viele Fehltage in den Pflegeberufen gehen auf das Konto von psychischen Störungen und Krankheiten des Bewegungsapparats.
Während berufsübergreifend jeder Beschäftigte durchschnittlich 2,47 Tage letztes Jahr aufgrund einer psychischen Diagnose krankgeschrieben war, beliefen sich die Fehltage in den Pflegeberufen auf durchschnittlich 4,63 Tage. Das sind rund 87 Prozent mehr.
Besonders bei dem männlichen Pflegepersonal war das auffällig. Sie wurden 2,4 Mal so häufig aufgrund einer psychischen Diagnose krankgeschrieben wie männliche Berufstätige insgesamt. Das geht aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten TK-Gesundheitsreport 2019 hervor. Er hat in diesem Jahr den Schwerpunkt „Die Gesundheit der Menschen in der Pflege“.
Aufgrund von Muskelskeletterkrankungen fehlte nach den Zahlen der Krankenkasse jeder Beschäftigte letztes Jahr im Schnitt an 2,61 Tagen – bei den Menschen in Pflegeberufen waren es mit 4,78 Tagen 83 Prozent mehr.
Generell fallen Kranken- und Altenpflegekräfte im Schnitt jährlich für rund 23 Tage krankheitsbedingt aus (siehe nachfolgende Grafik).
Das sind acht Tage – und über 50 Prozent – mehr als in der Vergleichsgruppe aller Beschäftigten (15 Tage), wie die TK mitteilt. Dabei seien vor allem die Berufstätigen in der Altenpflege noch stark betroffen.
Fehltage wegen psychischer Erkrankungen nahmen zuletzt zu
Teils besorgniserregend ist der Trend im Zeitablauf: Generell steigt der Krankenstand in der Pflege in etwa parallel zu dem aller Versicherten.
Einen gewissen Lichtblick gibt es bei den Muskel- und Skeletterkrankungen der Pflegekräfte: Zwischen 2004 und 2014 stieg die Zahl der AU-Tage von vier auf fünf, seitdem gehen Arbeitsausfälle mit dieser Ursache leicht, aber kontinuierlich zurück.
Anders bei psychischen Erkrankungen: Zwischen 2004 und 2018 ist ein Anstieg der durch psychische Störungen verursachten Arbeitsausfälle um 60 Prozent auf vier AU-Tage zu beobachten, der Zuwachs scheint sich allerdings abzuflachen.
Die erhöhte Morbidität von Pflegekräften schlägt sich auch im Arzneimittelverbrauch nieder: Im Jahr 2004 lagen die Arzneiverordnungen für Pflegekräfte und für den Durchschnitt aller TK-Versicherten mit 164 und 165 definierten Tagesdosen (DDD) noch gleichauf.
Bis 2018 nahm der Verbrauch der Pflegekräfte mit jedoch 74 Prozent auf 286 DDD deutlich stärker zu als der aller TK-Versicherten (48 Prozent).
Überdurchschnittlich häufig werden Pflegekräften Wirkstoffe aus den Gruppen „Nervensystem“ und „kardiovaskuläres System" verordnet. Einen gesunden Berufsalltag zu schaffen, ist aus Sicht von TK-Vorstandschef Dr. Jens Baas der Schlüssel, die Zahl der Pflegekräfte zu erhöhen.
Dazu gehöre ein intensiviertes betriebliches Gesundheitsmanagement: beispielsweise das von der TK geförderte Projekt PROCARE, das Pflegewissenschaftler der Uni Hamburg entwickelt haben und das derzeit in 48 Heimen eingesetzt wird.
Eine Stunde Schulung pro Woche
Bestandteil sind eine einrichtungsspezifische Gefährdungsanalyse sowie die Einbindung möglichst aller Pflegekräfte mit dem Ziel der individuellen Ressourcenförderung und Arbeitsentlastung auch durch Einsatz technischer Hilfsmittel. In zwei Phasen läuft das Programm über insgesamt 36 Monate.
Es erfordert, dass das Management den Mitarbeitern Zeitfenster zur Teilnahme an den Schulungen – wöchentlich zwischen 30 und 60 Minuten – schafft, ohne dass es zu Mehrbelastungen für andere kommt.
Erste Auswertungen, so Programmleiterin Dr. Bettina Wollessen, zeigten, dass zwischen 42 und 67 Prozent der Mitarbeiter eine Reduktion ihrer körperlichen Belastung registrieren.
Wir haben den Beitrag aktualisiert und verlängert am 26.06.2019 um 17:25 Uhr.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kranke Pflege