124. Deutscher Ärztetag
Forderung: Notfallreform nicht als Stückwerk einführen
Die Regierung trifft schrittweise Vorbereitungen für eine gemeinsame Notfallversorgung von Vertragsärzten und Krankenhäusern. Der Ärztetag mahnt nun zur Sorgfalt und fordert ein Gesamtkonzept.
Veröffentlicht:Berlin. Notfallreform bitte als schlüssiges Gesamtkonzept und nicht als Stückwerk. Der 124. Deutsche Ärztetag hat den Gesetzgeber aufgefordert, die geplante sektorenübergreifende Kooperation der Vertragsärzte mit den Krankenhäusern in der Akut- und Notfallversorgung in ein „schlüssiges Gesamtkonzept“ zu gießen.
Die mit dem Entwurf des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GWVG) geplante „isolierte Einführung“ eines Verfahrens zur Ersteinschätzung von Patienten am Empfangstresen in Kliniken hat der Ärztetag damit abgelehnt.
Vertrauen „massiv erschüttert“
Patienten, die sich im Krankenhaus vorstellten, vertrauten auf Hilfe, heißt es in dem federführend von der Vorsitzenden des Marburger Bundes Dr. Susanne Johna eingebrachten Antrag. Dieses Vertrauen werde „massiv erschüttert“, wenn sie aufgrund eines „Software-Algorithmus“ abgewiesen würden.
Das Ersteinschätzungsverfahren, wie es der Gesetzentwurf vorsieht, soll dazu beitragen, dass Krankenhäuser Patienten an die Vertragsarztpraxen weiterleiten, wenn kein akuter Behandlungsbedarf wie bei einem Notfall vorliegt. Die Autoren des Antrags betonen, dass es ein solches Verfahren bislang nicht gebe. In einem frühen Entwurf hatte der Gesetzgeber die KBV mit der Entwicklung des Verfahrens betraut. Nach Einspruch der Krankenhausseite soll dies nun der Gemeinsame Bndesausschuss tun.
Notfallreform auf Eis
Die Notfallreform als Ganzes liegt seit Anfang 2020 auf Eis. Dass es das Projekt trotz Pandemie noch gibt, blitzte im Krankenhauszukunftsgesetz im vergangenen Oktober auf. Da ging es um Digitalisierungsfragen, die niemandem weh taten.
Ärger in der Ärzteschaft gab es allerdings, als Jens Spahn Ende November den Entwurf des GWVG vorlegte. Damit will er auch ein bundesweit einheitliches Ersteinschätzungsverfahren in den Krankenhäusern installieren, das die Abrechnung von ambulanten Notfallleistungen erleichtern soll. Das Verfahren soll die Notaufnahmen in den Krankenhäusern verpflichten, die Notwendigkeit einer Behandlung im Krankenhaus nachzuweisen.
Vertragsarzt oder Krankenhaus?
Dies soll vor allem für die rund zehn Millionen Patienten pro Jahr gelten, die zu Fuß ins Krankenhaus kommen und um eine Behandlung bitten. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) geht davon aus, dass ein erheblicher Teil dieser Patienten auch in den Praxen der Vertragsärzte behandelt werden könnte.
Das geplante Verfahren ist nicht mit der Strukturierten medizinischen Ersteinschätzung in Deutschland (SmED) zu verwechseln. Damit wiederum wird in den Terminvermittlungsstellen der Kassenärztlichen Vereinigungen am Telefon die Dringlichkeit einer Versorgung eingeschätzt und eine adäquate Versorgungsebene ermittelt.