Eindämmungsmaßnahmen

Affenpocken: Bald gibt es Empfehlungen zu Isolation und Quarantäne

In Deutschland sind bislang vier Affenpocken-Fälle gemeldet worden. Virologen und das Bundesgesundheitsministerium rechnen damit, dass die Zahlen steigen. Minister Lauterbach kündigt baldige Maßnahmen zur Eindämmung an.

Marco MrusekVon Marco Mrusek Veröffentlicht:
Die durch eine Infektion mit MPV hervorgerufenen Hautveränderungen in verschiedenen Stadien.

Hautveränderungen infolge einer Infektion mit MPV auf dem Arm eines Mannes.

© Anna / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. In Deutschland sind bisher vier Fälle von Infektionen mit Affenpocken (monkeypox virus [MPV], früher auch: Orthopoxvirus simiae) nachgewiesen worden.

Am vergangen Donnerstag war zunächst der Fall eines Patienten in München mit charakteristischen Hautveränderungen gemeldet worden, bei dem das Virus zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, wie der Sanitätsdienst der Bundeswehr am Freitag bestätigte.

Daraufhin wurden am Wochenende drei weitere Fälle von Infektionen mit MPV in Berlin nachgewiesen. Der Zustand der Infizierten sei stabil, teilte die Senatverwaltung für Gesundheit mit. Auch dem 26-jährigen Infizierten in München gehe es gut, er habe mit leichten Schluckstörungen und erhöhter Temperatur nur geringfügige Symptome, erklärte Professor Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie in Schwabing.

Der Patient stamme aus Brasilien und sei von Portugal über Spanien nach Deutschland eingereist. Er habe sich direkt nach Symptombeginn in medizinische Behandlung begeben und sei in der Klinik München Schwabing isoliert und benötige keine spezielle Medikation, hieß es aus München.

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„Ein akutes Ereignis“

Dass aktuell soviele Infektionsfälle weltweit gemeldet werden, sei ein akutes Ereignis und lasse sich nicht einfach auf die erhöhte Aufmerksamkeit für die Hautveränderungen zurückführen, sagte Professor Fabian Leendertz, Gründungsdirektor des Helmholtz-Institut für One Health in Greifswald, zum Science Media Center (SMC). Offenbar hat sich der Erreger bereits längere Zeit unbemerkt in mehreren westlichen Ländern ausgebreitet.

Der Berliner Infektiologe Professor Leif Sander von der Charité rechnet mit einer „weiteren deutlichen Zunahme der Fälle“, wie er bei Twitter schrieb. Grund sei die lange Inkubationszeit. Zu beachten sei aber, dass MPV nicht so ansteckend sei, dass mit einer breitflächigen Ausbreitung wie bei SARS-CoV-2 zu rechnen sei. „Es ist sehr ernst zu nehmen, aber wir sind vorbereitet.“

Von weiteren Fällen geht auch das Bundesgesundheitsministerium (BGM) aus, wie es in einem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestags am Sonntag schrieb. Um mögliche Erkrankungen zu registrieren und die Weiterverbreitung zu verhindern, sollten diagnostizierte Infektionsfälle systematisch erfasst und isoliert werden. Diese sollten von Ärzten und Laboren gemäß dem Infektionsschutzgesetz gemeldet werden, heißt es in dem Bericht.

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Ursprung wohl auf Gran Canaria

Spanische Behörden gehen gegenwärtig der Vermutung nach, dass Partys der Gay Pride auf der Urlauberinsel Gran Canaria ein möglicher Infektionsherd gewesen sein könnten. Das berichtete die Zeitung „El País“ unter Berufung auf Quellen im Gesundheitssektor.

An der vor allem von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) besuchten „Maspalomas Pride“ nahmen vom 5. bis 15. Mai etwa 80.000 Menschen aus Spanien und vielen anderen Ländern teil, wie die Zeitung berichtete.

Männer aus Italien, aus Madrid sowie von der Insel Teneriffa, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, sollen an den Feierlichkeiten teilgenommen haben. Auch einer der Berliner Infizierten soll dem Fest beigewohnt haben.

Impfdosen sind vorhanden

Die Bundesregierung hat dem Bericht des BGM zufolge etwa 100 Millionen Dosen Pockenimpfstoff eingelagert. Davon seien zwei Millionen Dosen an die Weltgesundheitsorganisation WHO gespendet und für sie eingelagert worden. Das BMG verweist auf die Risikoeinschätzung des RKI, wonach eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland nach derzeitigen Erkenntnissen als gering eingeschätzt wird.

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Weitere Eindämmungsmaßnahmen sowie Empfehlungen zu Isolation und Quarantäne würden nach Angaben des Bundesgesundheitsministers Professor Karl Lauterbach gegenwärtig vorbereitet. Er gehe davon aus, dass sie bereits an diesem Dienstag vorgelegt werden könnten, sagte Lauterbach am Montag am Rande der Weltgesundheitsversammlung in Genf.

Zudem werde darüber nachgedacht, „ob wir vielleicht Impfempfehlungen aussprechen müssen für besonders gefährdete Personen“, erläuterte der Minister. Dies sei noch nicht geklärt. Lauterbach betonte, dass eine Impfung der allgemeinen Bevölkerung nicht im Gespräch sei.

Internationale Maßnahmen nötig

Er sprach sich für eine entschiedene internationale Eindämmung aus. Der weltweite Ausbruch sei so ungewöhnlich, dass man sich Sorgen machen müsse, ob er so ablaufe wie frühere Affenpocken-Ausbrüche.

Es sei eher damit zu rechnen, dass sich Art und Weise der Verbreitung geändert haben könnten, „sodass wir jetzt schnell und hart reagieren müssen, um einen globalen Ausbruch wieder einzudämmen“.

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Lauterbach erläuterte, dass sich nach bisherigen Erkenntnissen in erster Linie Männer infizierten, die sexuelle Kontakte mit Männern gehabt hätten. Es gelte, die Risikogruppen nun ehrlich anzusprechen. Das sei zu ihrem Schutze und dürfe nicht falsch als Stigmatisierung verstanden werden.

Der Minister appellierte an alle diejenigen, die anonymen Sex mit Männern gehabt haben, auf Hautveränderungen und Fieber zu achten und sich im Falle eines Verdachtes sehr schnell in medizinische Behandlung zu begeben. (Mit Material von dpa und juk)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 24.05.202210:49 Uhr

Off Limits?

Ich gehöre zu den damaligen MitbegründerInnen der AIDS-Hilfe Essen. Die jetzigen Verdachtsmomente bei bisher vier offiziell bestätigten Fällen von Infektionen mit Affenpocken/monkeypox virus [MPXV] bedeuten keine Epidemie, keine Pandemie und kein Bedrohungsszenario. Der Berliner Infektiologe Professor Leif Sander von der Charité rechnet zwar mit einer „weiteren deutlichen Zunahme der Fälle“. Grund sei die lange Inkubationszeit. Zu beachten sei aber auch, dass MPV nicht so ansteckend sei, dass mit einer breitflächigen Ausbreitung wie bei SARS-CoV-2 nicht zu rechnen sei. „Es ist sehr ernst zu nehmen, aber wir sind vorbereitet.“

Doch die vermuteten Infektionswege sind dubios: Spanische Behörden gehen gegenwärtig der Vermutung nach, dass Partys der Gay Pride auf der Urlauberinsel Gran Canaria ein möglicher Infektionsherd gewesen sein könnten. Das berichtete die Zeitung „El País“ unter Berufung auf Quellen im Gesundheitssektor. An der vor allem von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM) besuchten „Maspalomas Pride“ nahmen vom 5. bis 15. Mai etwa 80.000 Menschen aus Spanien und vielen anderen Ländern teil, wie die Zeitung berichtete. Männer aus Italien, aus Madrid sowie von der Insel Teneriffa, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, sollen an den Feierlichkeiten teilgenommen haben. Auch einer der Berliner Infizierten soll dem Fest beigewohnt haben.

Ohne stigmatisieren zu wollen, das ist leider das krasse Gegenteil von Eigen- und Selbstverantwortung bzw. Solidarität und Subsidiarität im Krankheits- und Gesundheitswesen.

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, Facharzt für Allgemeinmedizin in Dortmund

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