Erfolg mit Marburg

Bald RNA-Therapie gegen Ebola?

Möglicherweise gelingt es kleinen RNA-Fragmenten, Ebola zu stoppen. Im Tierversuch konnten US-Forscher damit das mit Ebola verwandte Marburg-Virus in Schach halten. Ein ähnlicher Ansatz wird derzeit in Phase I gegen Ebola geprüft.

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Ebola-Virus: Rücken siRNA-Therapien den Filoviren bald zu Leibe?

Ebola-Virus: Rücken siRNA-Therapien den Filoviren bald zu Leibe?

© Frederick Murphy / CDC

GALVESTON. Sind kleine Lipid-Nanopartikel mit Interferenz-RNA die Lösung im Kampf gegen Ebola und ähnliche hämorrhagische Fieber? Eine soeben veröffentlichte Untersuchung legt zumindest nahe, dass sich auch Patienten mit ersten klinischen Symptomen durch eine RNA-Therapie retten lassen.

Ein Team um den US-amerikanischen Infektiologen Dr. Thomas Geisbert hat jetzt einen relativ jungen Ansatz gegen das Marburg-Virus vorgestellt. Geisbert gilt als Ebola-Experte und war auch schon an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Ebola beteiligt, der nun von der kanadischen Regierung gegen den Ebola-Ausbruch zur Verfügung gestellt wird.

Das Problem bei Impfstoffen: Sie wirken nach Beginn der Symptome bekanntlich nur noch wenig oder gar nicht und sind daher als Therapeutika bei bereits Erkrankten kaum geeignet. Mit dem neuen Ansatz scheint nun aber auch eine Therapie bei symptomatischen Patienten in greifbare Nähe zu rücken.

Die texanischen Wissenschaftler haben für ihre Experimente einen RNA-Abschnitt in Lipidkapseln verfrachtet, der komplementär zu einem Gen des Marburg-Virus ist. Das Fragment, eine sogenannte "small interfering RNA", kurz siRNA, stört damit die Übersetzung des Virusgens in Proteine. Das Virus kann sich dadurch nicht replizieren. Die Idee der Lipidkapsel kam Forschern vor einigen Jahren, um die empfindlichen RNA-Fragmente bei der Passage durch die Blutbahn zu schützen.

Für ihre Versuche wählten die Forscher den Angola-Stamm des Marburg-Virus. Er sorgte bei Ausbrüchen für Sterberaten bis zu 90 Prozent und gilt als die gefährlichste aller Marburg-Varianten. Ins Visier nahmen Geisbert und seine Mitarbeiter das in der viralen Evolution stark konservierte Nukleoprotein des Virus. Eine siRNA gegen das Nukleoprotein-Gen sollte möglichst sämtliche Marburg-Stämme abdecken (Sci Transl Med 2014; 6(250): 250ra116).

Um die Wirksamkeit der siRNA nachzuweisen, infizierten die Wissenschaftler 21 Makaken mit einer normalerweise tödlichen Marburg-Virus-Menge - dem 10.000-Fachen der LD50-Dosis. 16 der Tiere erhielten nun die siRNA, die übrigen dienten als Kontrollen.

Vier Tiere bekamen das Therapeutikum innerhalb einer Stunde, jeweils vier nach einem Tag, zwei oder drei Tagen. Die siRNA wurde von Beginn der Therapie an über sieben Tage hinweg täglich als Bolus-Injektion verabreicht.

siRNA könnte noch eine Woche nach der Infektion helfen

Wie erwartet, starben alle Kontrolltiere nach sieben bis neun Tagen an der Infektion. Dagegen überlebten alle Makaken mit siRNA-Injektionen die Infektion, auch diejenigen, die erst am dritten Tag nach der Infektion behandelt wurden.

Zwei der spät behandelten Tiere hatten bei Therapiebeginn bereits eine ausgeprägte Virämie und klinische Symptome entwickelt. "Damit konnten wir zeigen, dass dieser Ansatz auch unter praxisnahen Bedingungen funktioniert", sagte Geisbert in einer Telefonkonferenz.

Die Forscher haben bereits einen ähnlichen Ansatz mit siRNA gegen das Ebola-Zaire-Virus entwickelt, das derzeit in Westafrika grassiert. Bereits 2010 konnte ein Team um Geisbert mit einer "Proof-of-Concept-Studie" auf diese Weise Makaken vor den tödlichen Folgen der Ebola-Infektion bewahren (Lancet 2010; 375(9729): 1896).

Nun wollen die Wissenschaftler in weiteren Versuchen schauen, wie weit sie den Therapiebeginn hinauszögern können. Geisbert ist jedoch zuversichtlich, dass die siRNA auch bei Patienten wirkt, die längst ausgeprägte Symptome haben: In den Experimenten wurden extrem hohe Virusdosierungen verwendet, die zu einem schnellen Tod der Tiere führen. In der Natur verläuft die Erkrankung etwas langsamer. Somit bleibe auch mehr Zeit zu intervenieren, erläuterte der Infektiologe.

Er vermutet, dass drei Tage im Tiermodell etwa einer Woche beim Menschen entsprechen. Funktioniert der Ansatz auch bei Menschen, ließen sich also Ebola- oder Marburg-Infizierte noch gut eine Woche nach Kontakt mit dem Virus erfolgreich behandeln.

Vor kurzem hatte die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA die Fortsetzung einer klinische Phase-I-Studie mit einem siRNA-Präparat gegen Ebola (TKM-Ebola) erlaubt. Anfang des Jahres war die Studie zunächst wegen überschießender Immunreaktionen bei manchen Probanden gestoppt worden.

Doch offenbar hat es mit Dosierungen, wie sie den Tierexperimenten entsprechen, bei den gesunden Testpersonen keine auffälligen Nebenwirkungen gegeben, sagte Geisbert. Beim Einsatz des bei Menschen noch unerprobten Wirkstoffs während des aktuellen Ebola-Ausbruchs sieht der Experte jedoch eine Reihe regulatorischer Probleme.

Ein Vorteil gegenüber dem Antikörper-basierten experimentellen Therapeutikum ZMapp? sei jedoch, dass sich die siRNA schneller in großen Mengen herstellen lässt.

Die Dreierkombination von Antikörpern gegen Ebola-Glykoproteine in ZMapp wird mit einem recht neuen biotechnologischen Verfahren in Blättern der Tabakpflanze gezüchtet. Erst wenn die Pflanze ausreichend gewachsen und die Antikörper in großer Menge reproduziert wurden, lohnt sich eine Ernte. Der Hersteller hat nach eigenem Bekunden bis dato auch keine weiteren Reserven mehr auf Lager. (mut/nös)

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