Leukämie
Bei Untergewicht mehr Rezidive
Untergewicht ist bei Kindern mit ALL offenbar von Nachteil: In einer niederländischen Studie bekamen Kinder mit niedrigem BMI eher ein Rezidiv.
Veröffentlicht:ROTTERDAM. Das Rezidivrisiko bei Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) hängt offenbar auch vom Ernährungszustand des Patienten ab. Darauf deuten die Ergebnisse einer niederländischen Studie hin (Haematologica 2015; 100: 62-69).
Die Forscher um Marissa A. den Hoed vom Erasmus MC-Sophia Children's Hospital in Rotterdam haben 762 Kinder nachbeobachtet, die im Alter zwischen zwei und 17 Jahren an ALL erkrankt waren. Das Durchschnittsalter bei Erkrankung lag bei fünf Jahren.
98 Prozent der Patienten konnten nach Einleitung der Standardtherapie in komplette Remission gebracht werden. Nach zehn Jahren war bei 17 Prozent der Kinder ein Rezidiv aufgetreten, 85 Prozent hatten diesen Zeitraum überlebt.
17 Prozent der Kinder nahmen ab
Die Forscher hatten die Kinder nach BMI-Kategorien bei Diagnose in drei Gruppen eingeteilt: untergewichtig (8 Prozent), normalgewichtig (79 Prozent) sowie übergewichtig oder adipös (zusammen 13 Prozent).
Während sich die Remissionsraten für die drei Gruppen nicht unterschieden, wies die Gruppe der untergewichtigen Kinder einen deutlich höheren Anteil an Rezidiven auf (31 versus 18 Prozent).
Unter Berücksichtigung des jeweiligen Krankheitsrisikos und des Alters hatte sich das Rezidivrisiko bei den zu dünnen Kindern gegenüber allen anderen nahezu verdoppelt. Dagegen hatte der BMI zu Erkrankungsbeginn offenbar keinen Einfluss auf das Überleben.
Anders verhielt es sich mit der Entwicklung des Körpermasse-Index im Krankheitsverlauf: Patienten, deren BMI unter der Therapie abnahm, starben deutlich häufiger, nachdem sie ein Rezidiv entwickelt hatten, als eine Vergleichsgruppe von Kindern mit Rezidiv, die im Beobachtungszeitraum zu- oder zumindest nicht abgenommen hatten (88 gegenüber 58 Prozent).
Eine BMI-Abnahme innerhalb der ersten 32 Therapiewochen wurde bei 17 Prozent aller Kinder beobachtet, hauptsächlich Hochrisikopatienten. Durchschnittlich verloren sie 0,7 kg an Gewicht.
Die Gewichtsabnahme betraf nicht etwa die Kinder, die von vornherein zu dünn waren (n = 49). Letztere hatten nahezu alle während der Behandlung an Gewicht zugelegt.
Wie die Autoren betonen, war das Absinken des BMI in erster Linie auf einen Verlust an Magermasse zurückzuführen. Der Fettanteil war bei den Betroffenen während der Therapie sogar noch gestiegen.
Was die gefundenen Phänomene bewirkt haben könnte, bleibt letztlich ungeklärt.
Der Einfluss des Ausgangsgewichts auf die Rezidivrate könnte mit einer gestörten Immunfunktion, einer verminderten Resorption von therapeutischen Substanzen oder einer verringerten Bindungsrate der Medikamente an körpereigene Zielstrukturen zusammenhängen, spekulieren die Forscher. All das sei wahrscheinlich genetisch bedingt.
Argument für körperliches Training
Interessanterweise war es bei den untergewichtigen Kindern nicht etwa zu mehr toxischen Ereignissen als Folge der Therapie gekommen.
Die Forscher führen dies darauf zurück, dass die Ärzte diese Patienten tendenziell geschont und ihnen eher weniger Medikamente verabreicht hatten.
"Der kumulative Effekt leichter Therapieanpassungen könnte mit der Zeit zu der höheren Rezidivrate beigetragen haben", so das Resümee der Autoren.
Noch schwieriger zu erklären war der Zusammenhang zwischen der Gewichtsabnahme im Laufe der Therapie und der erhöhten Mortalität. Vor allem der Verlust an Muskelmasse war dabei aufgefallen.
Die Forscher sehen darin ein Argument für vermehrtes körperliches Training, gerade in der Frühphase der Behandlung. Möglicherweise sei es sinnvoll, das Therapieregime eher nach der Magermasse als nach der Köperoberfläche auszurichten.
Bei Dosisanpassungen solle man Vorsicht walten lassen, raten die Experten, insbesondere bei untergewichtigen Patienten und solchen mit BMI-Abfall zu Therapiebeginn.