Bei Verdacht auf Gelenkinfekt rasche Arthroskopie

NEUSS (ner). Akute Gelenkinfekte sind zwar selten. Doch wenn sie auftreten, sind sie eine ernste Bedrohung für das Gelenk. Daher gelte es, rasch und konsequent zu handeln, betont der Orthopäde Professor Jörg Jerosch aus Neuss. Und das bedeutet: Operation! Saug-Spül-Drainagen bringen meist keinen Dauererfolg.

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Diagnostisch ist es zum Teil schwer, zwischen einem akuten Reizzustand des Gelenks und einer Infektion zu unterscheiden. Für eine Infektion sprächen außer den klassischen klinischen Zeichen vor allem die Erhöhung des CRP-Spiegels, der übrigens sensitiver ist und rascher reagiert als die Blutsenkungsgeschwindigkeit, mehr als 35 000 Leukozyten/Mikroliter im Gelenkpunktat sowie verstärkter Nachtschmerz. Die Bestimmung des CRP eignet sich auch gut zur Verlaufskontrolle.

Besonders gefährdet seien Patienten nach systemischen und intraartikulären Kortisonapplikationen, so Jerosch in der Zeitschrift "Der Orthopäde" (33, 2004, 1309). In Tierversuchen reichte eine einzelne intraartikuläre Kortisoninjektion, und schon brauchten 10 000mal weniger Bakterien inokuliert werden, um eine Infektion auszulösen, als bei solchen Tieren, die nicht mit Kortison behandelt waren.

Mit Arthroskopie werden alle Gelenkteile erreicht

Bei der Therapie steht heute die arthroskopische Lavage an erster Stelle, und zwar möglichst frühzeitig, um ein Übergreifen der Infektion auf Knorpel und Knochen mit nachfolgender Zerstörung der Gelenkstrukturen zu verhindern. Vorteile der arthroskopischen Behandlung sind, daß alle Gelenkkompartimente damit erreicht werden, und somit fibrinöse Beläge und Eiterherde entfernt und Verklebungen gelöst werden können.

Von der Saug-Spül-Drainage ist man nach Jeroschs Angaben weitgehend abgekommen, vor allem, weil damit eben nicht alle Gelenkteile erreicht werden - das Spülwasser sucht sich den Weg des geringsten Widerstandes (Highway-Effekt) -, weil es zu Verstopfungen der Spülsysteme kommt und durch die Undichtigkeit der Ein- und Austrittsstellen der Drainagen ein Sterilitätsproblem entstehen kann. Die reine Nadelaspiration wird erst recht nicht als ausreichend angesehen, ganz zu schweigen von der konservativen Therapie.

Standard ist die kalkulierte systemische Antibiose

Im Anschluß an die arthroskopische Lavage könne optional ein Antibiotika-haltiges Kollagenvlies eingebracht werden, so Jerosch weiter. Standard ist auch die kalkulierte systemische Antibiotika-Therapie, die sich gegen den häufigsten Keim, Staphylococcus aureus, richtet. Liegt nach ein paar Tagen das Antibiogramm aus dem diagnostischen Gelenkpunktat oder der arthroskopischen Gewebeentnahme vor, kann gezielt mit Antibiotika behandelt werden.

Über die Dauer der Antibiose gibt es unterschiedliche Meinungen. Nach Jeroschs Angaben sollte sie mindestens bis zur Normalisierung des CRP-Wertes weitergeführt werden.

Unterstützt wird die Behandlung weiterhin durch Krankengymnastik ab dem ersten Tag nach der Operation sowie mit einer Kryotherapie. Die Vollbelastung, etwa wenn das Kniegelenk betroffen ist, ist frühestens sechs Wochen nach der Operation erlaubt.

Besteht der Verdacht auf eine Beteiligung des Knochens, sollte primär offen operiert werden, empfiehlt Jerosch. Dies gelte auch bei liegenden Endoprothesen, weil davon ausgegangen werden müsse, daß auch die Implantatoberfläche von Keimen besiedelt ist.



Arthroskopie vermindert das Infektionsrisiko

Diagnostische Arthroskopien wie auch arthroskopische Eingriffe gehen mit einem niedrigen Infektionsrisiko einher. Es liegt zwischen 0,05 und 0,4 Prozent. Die Infektionsrate nach operativen Eingriffen nimmt zu in Abhängigkeit von: Operationsdauer, Zahl der vorhergehenden Eingriffe, Ausmaß der Operation, vorhergehender Steroidinjektion.

(Quelle: Professor Jörg Jerosch, Neuss) (ner)

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