Übergewichtige Kinder
Bluthochdruck schon bei Sechsjährigen
Übergewicht schlägt offenbar schon bei Vorschulkindern auf die Gesundheit. Vier- bis Sechsjährige, die dick oder fettleibig sind, haben ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, offenbart eine spanische Studie.
Veröffentlicht:MADRID. Übergewicht führt schon bei jüngeren Kindern zu einem deutlich erhöhten Risiko für Bluthochdruck. Zu diesem Ergebnis kommt eine spanische Studie, für die 1796 Kinder im Alter von vier Jahren und erneut mit sechs Jahren untersucht worden sind.
Innerhalb der zwei Beobachtungsjahre war der Blutdruck bei den Kindern, die initial schon Übergewicht hatten oder übergewichtig wurden, um 4-5 mmHg systolisch und um 2,5-3 mmHg diastolisch gestiegen, wie die Autoren um Iñaki Galán von der Universidad Autonoma de Madrid berichten ( European Journal of Preventive Cardiology 2019; online 12. Juni).
Damit war das Hypertonie-Risiko eines Kindes, das mit vier und sechs Jahren übergewichtig oder adipös war, zwei- bis zweieinhalbmal so groß wie das eines normalgewichtigen Kindes.
Nicht erst im Jugendalter
Anders sah es bei Kindern aus, deren Werte im Alter von vier Jahren über dem Normalgewicht lagen, die aber mit sechs Jahren kein Übergewicht mehr hatten: Ihre Blutdruckwerte waren mit denjenigen Kindern vergleichbar, die in beiden Altersstufen Normalgewicht hatten.
Galán und sein Team hatten sich an einer Studie zur Fettleibigkeit bei Kindern beteiligt, bei der Kinder aus der Region Madrid wiederholt untersucht wurden.
Dabei wurden bei den vierjährigen Kindern Größe und Geschlecht erfasst sowie die Lebensumstände der Mutter und einige andere Faktoren registriert. 32 Kinderärzte bestimmten das Gewicht, den Bauchumfang und den Blutdruck. Dieselbe Untersuchung erfolgte zwei Jahre später.
„Manche Kinderärzte glauben, dass die Folgen von Übergewicht und Fettleibigkeit erst im Jugendalter auftreten, aber unsere Studie zeigt, dass sie sich irren“, wird Galán in einer Mitteilung der European Society of Cardiology zitiert, die die Fachzeitschrift herausgibt. Diese Haltung behindere die Vorbeugung und die Kontrolle dieses Gesundheitsproblems.
In einem Kommentar zu der Studie betont Eero Haapala von der Universität Jyväskylä in Finnland, dass Bluthochdruck einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist.
Er führe bei Erwachsenen jährlich zu über neun Millionen vorzeitigen Todesfällen. Haapala empfiehlt drei Verhaltensweisen, die das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern: sich genügend zu bewegen, sich gesund zu ernähren und nicht zu rauchen. Nach dem Ergebnis der aktuellen Studie würden die ersten beiden Empfehlungen auch schon für kleine Kinder gelten.
Dringender Handlungsbedarf in Politik
Den Göttinger Kinderkardiologen Martin Hulpke-Wette, der nicht an der Studie beteiligt war, wundert das Studienergebnis aufgrund seiner Praxiserfahrungen nicht.
Sie belege, was er aus seinem Alltag in der Arztpraxis bereits kenne: dass Übergewicht und Bluthochdruck bereits bei Kinder wichtige Faktoren sind, die die Gesundheit beeinträchtigen.
„Die Studie ist aufwendig und gut gemacht“, sagt Hulpke-Wette. Lediglich die Blutdruckmessmethode könne zu „Praxisbluthochdruck“ führen, also einem erhöhten Blutdruck, weil der junge Patient aufgeregt ist.
Er sieht im Hinblick auf Übergewicht und Bluthochdruck einen dringenden Handlungsbedarf in der Politik: Viele Lebensmittel, vor allem die speziell für Kinder angebotene, enthielten zu viel Zucker. Das sei den meisten nicht bekannt. „Ich muss bei jedem Patienten eine Ernährungsberatung machen“, so Hulpke-Wette. (dpa/mal)
Lesen Sie dazu auch: Kinderärzte: Weniger Zucker? Klöckners „Witz in Tüten“