Mehnert-Kolumne

Das sind heikle Berufe für Diabetiker

Von welchen Berufen sollten Diabetiker die Finger lassen? Vor 50 Jahren hat der Sozialmedizinische Ausschuss der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) Richtlinien herausgegeben - und sie bieten heute noch eine gute Orientierung.

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Prof. Hellmut Mehnert

Arbeitsschwerpunkte: Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselleiden: Diesen Themen widmet sich Prof. Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren.

Erfahrungen: 1967 hat er die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht sowie das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland gegründet.

Ehrung: Er ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

Welche Berufe dürfen Diabetiker nicht ausüben und von welchen Tätigkeiten ist ihnen abzuraten? Der Sozialmedizinische Ausschuss der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) gibt in seinen Richtlinien eine Antwort darauf.

Diese sind zwar bereits 50 Jahre alt und haben heute keine volle Gültigkeit mehr; sie bieten aber immer noch eine Orientierung für besonders heikle Berufe bei Diabetes.

Kriterien für die arbeitsmedizinische Bewertung sind dabei: Gibt es zentrale Risiken etwa bei Unterzuckerungen? Ist die Versorgung mit Insulin oder anderen benötigten Antidiabetika immer zu gewährleisten, etwa auf langen Dienstreisen?

Wie schwer könnten mögliche Risiken in einem bestimmten Beruf sein und wie häufig sind die Gefährdungen zu erwarten? Gibt es bei einer angestrebten Tätigkeit spezifische individuelle Risiken für Zuckerkranke?

In der DDG-Liste wurden heikle Berufe abhängig von den spezifischen Risiken verschiedenen Gruppen zugeordnet. In Gruppe eins finden sich Tätigkeiten, bei denen hohe Standards an die Sicherheit gestellt werden müssen. Auf der Verbotsliste für Diabetiker finden sich zum Beispiel Lokomotivführer, Berufskraftfahrer, Schrankenwärter und Piloten.

Berufskraftfahrer mit Diabetes

Diese Strenge ist heute sicher überzogen. Natürlich wird ein Diabetiker auch heute nicht als Berufspilot zugelassen werden. Es ist aber zum Beispiel nicht einzusehen, dass ein optimal mit Diät oder zusätzlich mit oralen Antidiabetika eingestellter Typ-2-Diabetiker nicht Kraftfahrer sein darf. Das sieht offenbar die Bundesanstalt für das Straßenwesen genauso, wie sich in der im Mai aktualisierten Begutachtungsrichtlinie zeigt.

So können Diabetes-Patienten jetzt auch Führerscheinklassen der Gruppe 2 (C, C1E, D, D1, DE und D1E) erwerben - es gelten aber strengere Anforderungen. Nimmt der Betroffene Medikamente mit niedrigem Hypoglykämierisiko ein, sind regelmäßige ärztliche Kontrollen sowie eine Nachbegutachtung durch einen Facharzt für Innere Medizin oder Diabetologie vorgeschrieben.

In Gruppe zwei finden sich Berufe, bei denen die eigene Sicherheit von großer Bedeutung ist: etwa Dachdecker, Schornsteinfeger, Maurer, Arbeiter auf Strommasten oder am Hochofen oder auch Feuerwehrleute.

Solche Berufe sollten Zuckerkranke sicher auch heute nicht ergreifen. Erkrankt jedoch ein Mensch in seiner Berufszeit an Diabetes, lässt sich die Entscheidung für ein mögliches Berufsverbot abhängig vom individuellen Risiko treffen.

In Gruppe drei fanden sich zum Beispiel Gastwirte, Köche und Konditoren. Vor 50 Jahren wurde angemerkt, es sei zu befürchten, dass die Patienten dabei ihre Diät nicht einhalten könnten. Über eine solche Einschätzung lässt sich heute eher schmunzeln. Die Situation wird aktuell bei gut kooperierenden disziplinierten Patienten sicher ganz anders bewertet.

Auch Berufe mit wechselndem Tagesablauf möglich

Das gilt auch für Gruppe vier der Leitlinien. Hier waren Berufe mit häufig wechselndem Tagesablauf zusammengefasst: etwa Schichtarbeiter, Künstler, Vertreter oder Politiker. Bei guter Compliance und guter Stoffwechselkontrolle stehen solche Berufe Zuckerkranken heute sicher weitgehend offen.

Gerade die intensivierte Insulintherapie (ICT) oder auch Insulinpumpen haben große Fortschritte gebracht, ebenso die nichtinsulinotropen oralen Antidiabetika (Metformin und SGLT-2-Rezeptoren-Hemmer) oder auch insulinotrope Antidiabetika ohne Hypoglykämie-Risiko (Gliptine und GLP1-Agonisten).

Besondere Bedingungen gelten bei der Einstellung von Zuckerkranken in den Öffentlichen Dienst mit Pensionsanspruch. Ein genereller Ausschluss von Diabetikern für diese Berufe ist heute nicht (mehr) statthaft.

Im Interesse der Allgemeinheit müssen hier allerdings die Einstellungskriterien - vor allem im Hinblick auf lebensverkürzende Komplikationen - relativ streng gehandhabt werden.

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